Einige Unternehmen nutzen Ambush Marketing, um bei großen Sportevents für sich zu werben. medienMITTWEIDA erklärt, was sich dahinter versteckt.
In der kalten Jahreszeit steht vor allem der Wintersport stark im Fokus der Berichterstattung. Wer diese gezielt verfolgt bemerkt, dass Pisten, Strecken und auch die Kleidung der Sportler vermehrt mit Werbung versehen sind.
Positiv verbunden werden
Laut einer Definition der Universität Greifswald gehöre das, was Besucher oder Zuschauer von Großevents wie Sportveranstaltungen an Werbung an den Streckenrändern sehen, eher selten zu den tatsächlichen Event-Sponsoren. Vermehrt seien es Firmen, die die Öffentlichkeitswirkung des Sports für ihre Marketingaktivitäten ausnutzen wollen, sogenannte „Ambusher“.
Ambush Marketing heißt übersetzt so viel heißt wie „Schmarotzermarketing“. Was sich genau dahinter verbirgt, beschreibt das Deutsche Institut für Sportmarketing in einem Teil der Schriftenreihe Nachspielzeit:
„Ambush Marketing ist die Vorgehensweise von Unternehmen, dem Publikum eines Sport Events durch eigene Marketing-, insbesondere Kommunikationsmaßnahmen eine autorisierte Verbindung zum Ereignis zu signalisieren, obwohl das Unternehmen keine legalisierten oder lediglich unterprivilegierte Vermarktungsrechte an dieser Veranstaltung besitzt.“
Außerdem wird erklärt, dass die sogenannten Ambusher über eine Assoziation mit dem Event Marken und Produkte bewerben und verkaufen wollen.
Tobias Kuske, Journalist und Onlineblogger für Sport und Business erklärte im Interview mit medienMITTWEIDA, dass insbesondere der Wintersport durch die Dauerberichterstattung der Öffentlich-Rechtlichen ein äußerst lukratives Geschäft sei. Die Firmen selbst würden so oft teure und langfristige Sponsoringverträge umgehen und würden trotzdem positiv mit einem Ereignis verbunden werden. Kuske sieht Ambush Marketing als Gefahr für den Sport, wobei er jedoch deutlich macht, dass Sommersportarten momentan noch häufiger betroffen seien als Wintersportarten, „das dürfte an der Größe der stattfindenden Wettkämpfe liegen“.
Der Rennrodelstar aus Tonga
Über ein Beispiel für „Schmarotzermarketing“ und den Kampf von Sport gegen Kommerz berichtete „SPIEGEL ONLINE“ im Februar vergangenen Jahres. Obwohl ein Deutscher bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi die Goldmedaille im Rennrodeln gewann, bekam der Sieger nur so viel Aufmerksamkeit wie der Zweiunddreißigste des Wettkampfes: Bruno Banani.
Schon der Name zeigt eine eindeutige Verbindung zum Chemnitzer Modelabel. Der damals 26-jährige Informatikstudent Bruno Banani aus Tonga wurde laut SPIEGEL ONLINE bei einem Casting durch die Prinzessin der Insel als neuer Rennrodelstar entdeckt. Beobachtet worden sei dieses Casting aber schon damals von einer deutschen Marketingagentur, die den jungen Mann, der damals noch Fuahea Semi hieß unter Vertrag nahm. Auf Anraten der Marketingagentur änderte Fuahea seinen Namen in Bruno Banani. Das Chemnitzer Wäschelabel selbst solle von der Gleichheit so verblüfft gewesen sein, dass es ihn nach Deutschland holte, einkleidete und für optimale Trainingsbedingungen gesorgt habe. Wie sich jedoch später durch die Recherchen der SPIEGEL-Redaktion herausstellte, arbeiteten die Firma Bruno Banani und die Marketingagentur seit mehreren Jahren eng zusammen.
Der Betrug fiel erst auf, als Banani bereits in allen Start und Wertungslisten der Qualifikation für die Olympischen Spiele stand. Auch das Komitee der Olympischen Spiele, der IOC war machtlos gegen die unerlaubte Werbung. Der Wäschehersteller Bruno Banani hingegen gelangte ohne große Ausgaben und ohne Bindung an Verträge zu einer eindeutigen Verbindung mit dem Event.
Grundsätzlich gehe es beim Ambush Marketing immer nur um die Unternehmen, sagt Sportjournalist Tobias Kuske.
„Die Sportler können ein bisschen Geld verdienen, das war es. Die Firmen hingegen können mithilfe von Ambush Marketing Geld sparen, weil sie nicht die offiziellen Sponsorenrechte einkaufen müssen.“
Red Bull auf Platz Eins der Ambusher in Sotschi
Bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi 2014 tauchte auch der Brausehersteller „Red Bull“ als Ambusher auf. In einer bei insidethegames.bit veröffentlichten Liste von 21 Firmen und Unternehmen, geordnet nach ihrer wahrgenommenen Verbindung zu den Winterspielen, lag der österreichische Getränkekonzern auf Platz 1 hinter den eigentlichen Hauptsponsoren der Spiele P&C und Samsung. Wie insidethegames.biz berichtete, pflegt Red Bull Verbindungen zum Extremsport – einen Großteil der von Red Bull unterstützen Events hat das Unternehmen selbst erfunden. Teilnehmer eigener Events gingen auch in Sotschi an den Start, so zum Beispiel auch Olympiasieger im Snowboard Cross Pierre Vaultier aus Frankreich. Emly Goddard, Redakteurin bei insidethegames.biz kommentierte das umstrittene Marketing so:
„The more stringent the legislation to outlaw any effort to ‚ambush‘ the Games, the more marketers seem intent on circumventing the rule.“
Gegenüber medienMITTWEIDA und auch anderen Medien gibt sich Red Bull in Belangen die nicht Events oder das Produkt selbst betreffen stets verschlossen. Nach eigener Aussage stehe nicht die Firma selbst sondern die Marke im Vordergrund ihrer Umsätze. Eine Erklärung für dieses Vorgehen zu finden fällt auch Tobias Kuske nicht leicht.
„Vermutlich ist Red Bull oder Herr Mateschitz der Meinung, nichts damit gewinnen zu können“
Laut österreichischem Sponsoring-Index, einer Studie die Entwicklungen im österreichischen Sponsoringmarkt analysiert, steckt der Konzern jedoch allein im eigenen Land jährlich 20 Millionen Euro in Sport und Events. Der Index des gesamten Landes liegt bei 32 Millionen Euro. Anderen, deutlich mehr mit dem Wintersport verbundenen Unternehmen wie beispielsweise „BillaBong“ ist es kaum möglich mitzuhalten. Zumal der Marktwert von BillaBong laut einem SPON-Bericht 2013 gegen Null gerutscht sei.
Die Probleme und Auswirkungen von derartigem Marketing, nicht nur im Wintersport, sondern gerade auch in anderen beliebten Sportarten wie dem Fußball, sind laut dem Deutschen Institut für Sportmarketing längst nicht ausreichend erforscht.
Das Ambush Marketing auf der einen Seite schon clever ist muss auch Blogger Tobias Kuske zugeben. Seiner Meinung nach sei es insofern schlecht für den Sport, als dass die Veranstalter der Wettkämpfe keine Werbegelder von den „Schmarotzern“ erhalten. Dass der Sport an derartigem Marketing „kaputt gehen“ wird, befürchtet Kuske aufgrund der engen gesetzlichen Bestimmungen nicht. Dennoch sei die Gefahr nicht zu unterschätzen.
Text: Daniela Möckel. Beitragsbild: Red Bull Nordix ⒸAktiv I Oslo.no unter CC BY-NC-ND 2.0, Bearbeitung: Louisa Bandura.