Deutschland verbucht Rekordzahlen bei Studienanfängern, aber bis zum Abschluss halten längst nicht alle durch. Fast jeder Dritte verlässt als „Abbrecher” sein Erststudium ohne Examen. Florian war so ein Student. Pflichtbewusst wurde er von seiner Universität als bedauerlicher Verlust bewertet, Präventionsmaßnahmen gibt es keine. Wer abbricht, sei trotz formaler Berechtigung einfach nicht reif gewesen für ein Hochschulstudium. Tatsache ist: Nicht alle lassen sich in die gleiche Schublade stecken.
Auf Florians Schreibtisch ist es staubig, überall liegt Werkzeug. Rechts ein Hammer, links eine Feile. In der Ecke daneben das, was er geschaffen hat: Ein selbstgebautes, hölzernes Radio, ein Besteckkasten, Eierbecher, Kerzenständer – die Liste ist lang. Wenn er heute über seinen Job redet, hat er ein Lächeln auf den Lippen. Das war nicht immer so. Als er vor zirka zwei Jahren noch Nanotechnologie studierte, türmten sich hier Mitschriften, Bücher, Taschenrechner und Frust. Stundenlange Vorbereitungen für chemische Praktika, das Auswendiglernen von Gitternetzstrukturen und Schreiben von Programmcodes füllten seinen Tag. Sein Credo damals: Opfere deine Freizeit, um dein Studium zu schaffen. Spaß steht nicht zur Debatte, wenn dich der Stoff einholt. So lange, bis er dich überholt.
Heute macht er eine Ausbildung zum technischen Modellbauer. Die Entscheidung, sein Hobby nicht zum Beruf zu machen, fiel ihm schwer. Bereut hat er sie nicht. Rechtzeitig die Reißleine zu ziehen und sein Studium aufzugeben, war das Beste, was ihm passieren konnte.
Studienabbruch ist keine Seltenheit mehr, sondern wird immer alltäglicher. Rund 29 Prozent aller Bachelorstudenten geht es so wie Florian, zeigt eine bundesweite Studie des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung. Besonders gravierend äußert sich das in mathematisch-naturwissenschaftlichen Studiengängen wie seinem. Die Quote – 41 Prozent. Doch wo liegen die Ursachen dafür?
Eine Wissenselite reproduziert sich selbst
Nach dem Abi ist vor dem Studium. Insgesamt 66 Prozent aller Schüler wollen laut einer Studie der Deutsche Bildung AG nach dem Abi studieren. Doch nicht alle von ihnen schaffen den Weg dorthin. Arbeiterkinder machen seltener Abitur und schreiben schlechtere Noten als der Nachwuchs von Anwälten, Lehrern oder Ärzten. An deutschen Schulen entscheidet bis heute nicht allein die Leistung, sondern vielmehr die soziale Herkunft, also das eigene Elternhaus, über den Bildungserfolg.
Kein Wunder also, dass vom Bachelor bis zur Promotion Akademiker-Kinder die knappe Mehrheit stellen – sie haben einfach von Haus aus einen leichteren Zugang zum Studium.
Das SchulhofBarometer 2017 zeigt, dass für die Berufswahl von rund 74 Prozent aller Schüler nicht nur die Bildung der Eltern, sondern auch deren Meinung nach wie vor der ausschlaggebende Faktor ist. Insbesondere Akademiker-Kinder verlassen sich laut Jahresbericht der Initiative Arbeiterkind.de überdurchschnittlich oft auf Vorerfahrungen. Die Frage ist: Ist es die beste Entscheidung, nicht selbst zu entscheiden?
Prestige, Prestige, Prestige
Tina Horlitz, Diplom-Psychologin an der TU Chemnitz, beobachtet dieses Phänomen sehr oft. „Viele Eltern sagen gar nicht so direkt, dass sie sich von ihrem Kind wünschen, den Weg einzuschlagen, den sie vorgeschlagen haben. Viele Studierende nehmen es aber so wahr. Diesen Druck, als würden sie an die Leine genommen werden.” Die Ursachen für ihre Entscheidungen lägen nicht allein darin, den Wunsch der Eltern erfüllen zu wollen. Die eigentliche Kritik, so Horlitz, läge viel weiter zurück: Beim Gesamtbildungssystem – denn schon da ginge der Leistungsdruck los.
„Kinder lernen schon in der Grundschule, dass sie gut sein müssen, um aufs Gymnasium zu kommen”, erklärt Horlitz. Die Motivation: Bessere Chancen, höherer Verdienst und mehr Möglichkeiten, später das zu tun, was man wirklich will. „Wenn die Leistung dann nicht passt, gehen sie ‘nur’ auf die Mittel- oder Realschule und die Wahrscheinlichkeit eines Studiums ist für sie geringer, als die einer Ausbildung.” Der Kampf beginnt im Grundschulalter und zieht sich bis zum Studium. Warum? Weil du musst.
Die Psychologin behauptet weiter: „Du musst besser sein, damit du deinen Studienplatz kriegst und dich weder einklagen, noch Wartesemester absitzen musst oder schlimmstenfalls gezwungen bist, zum Studieren ins Ausland zu ziehen.” Studieren sei wie eine alternativlose Selbstverständlichkeit, so würden es die Jugendlichen empfinden. Eine Notwendigkeit, die einem die besten Überlebenschancen sichere.
„Wenn ich heute Schülerin wäre, würde ich gar nicht mehr hinterfragen, ob ich es anders wollen könnte. Zumindest nicht, wenn meine Eltern mir beibringen, dass eine Ausbildung nichts ist, was man wollen kann”, sagt Horlitz.
„Ich hatte das Gefühl, dass ich dazu gedrängt wurde”
Von anderen Meinungen geprägt, treffen die wenigsten Studierenden ihre Entscheidung eigenständig. Oft hören sie dann: „Schmeiß dein Abi nicht weg”, oder: „Wenn dein Vater das schafft, schaffst du es genauso.” Ein ‘Nein’ gilt selten, denn schließlich will niemand hinterherhinken, auch Florian nicht. „Damals war ich sehr Eltern-influenced und wollte lieber eine Ausbildung machen. Da aber mein Vater kurz vor meinem Abschluss gerade sein Studium absolviert hatte, musste ich das in seinen Augen natürlich auch tun”, erzählt er.
Über sein späteres Arbeitsleben habe er sich damals noch keine Gedanken gemacht. Nanotechnologie war sein Hobby, immer auf dem neuesten Stand zu sein der Anreiz für sein Studium. Schneller als gedacht merkte er, dass Begeisterung für ein Fach nicht alles ist.
„Forschungsarbeit klingt zwar schön, aber eigentlich stehst du da nur den ganzen Tag im Labor, um dann vielleicht nach einigen Monaten deine ersten Erfolge zu sehen – oder eben auch nicht. Dann hast du zwar viel Kraft und Energie reingesteckt aber deine Forschung läuft trotzdem ins Leere”, kritisiert Florian.
Wer sein Studium liebt, der schiebt
Erste Zweifel hatte der 25-Jährige schon im ersten Semester. Fünf Klausuren in zwei Wochen, nebenbei noch zwei Belege und eine Präsentation. Ausreden, Prüfungen zu verschieben, gab es für ihn viele – „ich war mit der Gesamtsituation einfach überfordert.” Fünf verschiedene 500-Seiten lange Skripte samt aller Inhalte der letzten Monate auswendig zu lernen, sei für ihn einfach zu viel gewesen.
Florian beschreibt die schlimme Zeit weiter: „Meinem Professor war meine Situation zugegebenermaßen wirklich egal. Der hat einfach motivationslos seinen Lehrstoff durchgezogen und Folien an die Wand geklatscht, ohne dass ihn irgendjemand verstanden hat. Natürlich waren das alles Sachen, die du nicht abschreiben kannst.” Prüfungsrelevant sei der Stoff trotzdem gewesen.
Studieren habe oft etwas Abstraktes und sei zu wenig individualisiert, meint auch Sozialpsychologin Tina Horlitz: „Es gibt zu wenig Praxis, darüber beschweren sich schon die Abiturienten”, sagt sie aus Erfahrung. „Woran unsere Leistung gemessen wird, ist lediglich, wie gut wir in das von der Uni vorgegebene Schema passen und innerhalb kürzester Zeit Unmengen an Stoff auswendig wiedergeben können”, kritisiert sie.
Zu starker Selbstdruck
Nicht nur in der Schule – auch im Studium ist das Thema Leistungsdruck allgegenwärtig. Die eigenen Erwartungen erfüllen zu müssen, ist laut einer Belastungsuntersuchung des AOK-Bundesverbandes der viertwichtigste Grund für Stress unter Studenten. Besonders Bachelorstudenten könnten demnach mit dem Druck, den sie sich selbst machen, schlecht umgehen und leiden infolgedessen unter Unzufriedenheit.
Das Gefühl kennt Florian. „Eigentlich liefen alle meine Module nicht so gut, wie ich es mir vorgestellt hatte. Am Anfang hatte ich aber wenigstens noch den Ehrgeiz, nicht überall bloß mit einer 4,0 durch zu rutschen. Aber gerade wenn du denkst, du kannst es besser, ist die Enttäuschung, eine Prüfung nicht zu bestehen, oft noch größer.” Eigentlich, und das sagt er erst jetzt, müsse man sich über jede bestandene 4,0er Prüfung freuen. Alles was besser ist, sei gut und das müsse reichen. Sonst fresse der Frust einen irgendwann auf. „Klar kannst du immer mehr Zeit investieren und noch länger lernen, als du es schon tust”, gibt er zu, „aber irgendwann kommt jeder an seine Grenzen. Nicht zu vergessen, dass es auch noch ein Leben außerhalb der Uni gibt – oder zumindest geben sollte.”
Eine einzige Klausur kann zum Verhängnis werden
Unorganisierte Lehre, Berge an Studien- und Prüfungsstoff, fehlende Praxis und Motivation sind nur einige der Gründe, woran ein Studium scheitern kann. Andere wiederum liegen viel tiefer – und werden, wie in Florians Fall, gerne totgeschwiegen. Vor allem, wenn die Uni selbst den Fehler macht.
„Meine erste nicht bestandene Prüfung in Prozeduraler Programmierung brachte den Stein ins Rollen”, erzählt er. Gleich abzubrechen kam für ihn aber nicht infrage. „Als ich durchgefallen bin, wollte ich mir die zwei Semester bis zu meinem Zweitversuch nehmen und mich dafür ordentlich vorbereiten. Daraus wurde leider nichts. Die Uni war mir einen Schritt voraus – natürlich ohne meine Kenntnis.”
Ein halbes Jahr nach seinem Erstversuch sei er automatisch zur Wiederholungsprüfung angemeldet worden. Eine Information darüber habe er jedoch nie erhalten. Alles was er bekommen habe, sei ein kurzer Vermerk auf seinem Notenauszug gewesen: ‘Nicht bestanden’ – wegen Nichterscheinens. Widerspruch einzulegen sei, trotz Nachfrage seinerseits, zwecklos gewesen, erzählt Florian. Die angebliche Begründung des Studierendenbüros: Der Studierende habe sich selbst zu informieren – wenn er das nicht tue, sei dies nicht das Verschulden der Universität. „Jegliche Schuld wurde einfach von sich geschoben”, meint er. Die TU Bergakademie Freiberg bestreitet diese Darstellung jedoch gegenüber medienMITTWEIDA.
„Ich hatte konsequent einen Feuerball im Bauch, wenn ich nur daran dachte”
Eine Prüfung – drei Strikes. Dreimal durchgefallen und man ist raus – gewollt oder nicht. Das ist gängige Praxis an den meisten Unis. Umso schlimmer sei es, wenn das nicht nur eine, sondern gleiche mehrere Prüfungen betreffe, erzählt Florian. Beim Gedanken an seine Wiederholungsversuche wird ihm heute immer noch flau im Magen.
„Es ist extrem schwer, damit umzugehen, weil du genau weißt, dass du dir dein Studium jetzt und auch in Zukunft für immer verbauen könntest. Du stehst das gesamte Semester lang unter Strom und denkst nur daran, dass du nicht versagen darfst. Ich hatte konsequent einen Feuerball im Bauch, wenn ich nur daran dachte. Als wäre man Aragorn vor Mordors Tor, wenn die Prüfung ansteht. Ich hab mich jedes Mal gefühlt als würde sich mein Leben in diesen anderthalb Stunden entscheiden.”
In der Psychosozialberatung hört Tina Horlitz ähnliche Geschichten: „Sehr viele kämpfen gegen Angst. Sie haben, wenn sie kurz vorm Drittversuch stehen, schon ein paar Mal die Erfahrung gemacht, nicht zu bestehen und sich zu sagen: ‘Ich kanns nicht. Ich komm mit dem, was ich für das Lernen investiere, nicht über diese Leistungshürde, die Prüfung zu bestehen’. Sie durchleben immer wieder dieselbe Erfahrung, dass sie die Fähigkeit zum Bestehen nicht haben und vielleicht nach diesem Versuch geext werden – sodass sie nicht wissen, was sie stattdessen tun können”, erzählt sie.
Florian hat es nicht soweit kommen lassen. Bei zwei Prüfungen im Drittversuch habe er lieber aufgehört und rechtzeitig entschieden, nicht weiter zu studieren. „Vielleicht hätte ich noch länger studiert, hätte die Uni mir nicht willkürlich den Zweitversuch genommen. Aber wenn du in einen unverschuldeten Drittversuch musst, ist es auf jeden Fall aus. An dem Punkt habe ich für mich selbst aufgegeben. Ich hatte keine Motivation mehr und bin nur noch zur Uni gegangen, damit keiner was merkt.” Darüber reden konnte er zu diesem Zeitpunkt nicht.
„Mein Abschluss wäre einfach nicht wahrscheinlich gewesen”
Auch Horlitz’ Erfahrung ist, dass die meisten Studierenden stagnieren, sobald sie die Erfahrung von Misserfolg machen. „Sie tun nichts und erbringen keine Studienleistungen mehr. Sie engagieren sich nicht mehr für ihr Studium und eigentlich auch nicht mehr für sich selbst”, sagt sie. Viele würden das erst sehr spät merken, so Horlitz. Bei manchen dauere dieser Prozess sogar Jahre.
Anderthalb Jahre hat auch Florian für seine Entscheidung gebraucht. Damit liegt er, laut DZHW, im Durchschnitt. 3,8 Semester sind Studienabbrecher im Bachelor immatrikuliert, bevor sie aufgeben. Knapp die Hälfte beendet die Zeit an der Uni jedoch nach wie vor innerhalb der ersten beiden Semester.
Für ihn war der Abbruch klar, als er merkte, dass er gegen das Unisystem nicht ankam. „Letztendlich kannst du keinem beweisen, dass es eben nicht immer an dir liegt. Jeder würde denken, dass du anderen die Schuld für deine schlechten Leistungen gibst. Ich denke, mein Abschluss wäre einfach nicht wahrscheinlich gewesen.”
Die Entscheidung abzubrechen oder das Studium durchzuziehen, hat Florian zwei Monate verfolgt. „Es war ein permanenter Gewissenskampf mit der zweiten Stimme in meinem Kopf. Positiv versus negativ. Gut gegen böse.” Bevor er soweit war, seinen Entschluss zu akzeptieren, schossen ihm tausend Gedanken durch den Kopf. Er suchte die Schuld zuerst bei sich, dann bei seinen Eltern. „Ich habe mich minderwertig gefühlt, weil ich das Studium nicht packe. Ganz nach dem Motto: ‘Die anderen schaffen es doch auch. Wieso ich nicht?’ Ich habe anderthalb Jahre in den Sand gesetzt, bin davon zwar nicht dümmer geworden, aber die Zeit ist trotzdem weg.”
Zurück auf Null
Eine feste Vorstellung wie das Leben danach weitergeht, haben, laut Tina Horlitz, die wenigsten: „Am Anfang ist es was, was erstmal Angst macht, weil eine Planung aufgebrochen werden muss. Das hat was mit Unsicherheit zutun, mit Befürchtungen, Unwohlsein und Angst. Wenn man dann aber Vorstellungen zusammenträgt, wie Optionen und Alternativen aussehen können, kommen die Betroffenen zu der Erkenntnis: ‘Das war gar nicht ich’. Sie haben nur die ganze Zeit etwas gemacht, was sie weder leisten wollten noch konnten.”
Als Florian sich selbst davon überzeugte, dass ein Studium zu viel für ihn war, stand nur noch die Auseinandersetzung mit seinem Umfeld bevor. Es kostete ihn nicht nur all seine Kraft, sondern brachte ihn auch um sein Geld. Das schlechte Gefühl blieb trotzdem. „Als ich soweit war, habe ich mit einem Kommilitonen darüber geredet, der auch abbrechen wollte. Leute, die sich so fühlen wie du, verstehen deine Entscheidung und die Gründe dafür. Sie durchleben die gleichen Situationen, schaffen die Prüfungen nicht. Denn auch wenn du räumlich und emotional nah dran bist, baust du nicht sofort Akzeptanz auf, wenn du nicht das Gleiche willst.”
Je weiter man von demjenigen weg ist, den es betreffe, desto länger dauere es, Verständnis und Akzeptanz für die Situation aufzubauen. Seine Eltern und damit die größte Hürde, kamen zum Schluss. Seine Vorwürfe, sie hätten ihn zum Studium gedrängt, wiesen sie von sich. „Sie haben ewig gebraucht, um das zu verdauen, weil sie meine Entscheidung nicht nachvollziehen konnten. Meine Eltern haben weder so gedacht wie ich, noch waren sie am selben Ort und haben miterlebt, wie sehr mich die ganze Situation quält.”
Im Gegenteil: Als sie erfuhren, dass ihr Sohn ohne noch irgendetwas dagegen zu unternehmen, sein Studium an den Nagel hängen wollte, haben sie ihm obendrein die finanzielle Unterstützung verweigert. Dass Eltern trotzig auf die Entscheidung ihrer Kinder reagieren sei kein Einzelfall, erklärt die Psychologin. „Sie denken: ‘Du wirst doch von uns dafür finanziert. Wenn du jetzt was ganz anderes machen würdest, dann wüssten wir ja gar nicht, dass das gut geht’ – obwohl sie genau wissen, dass sie dabei unglücklich sind.”
Dass es für ihn nichts mehr zu versuchen gab, interessierte sie nicht. „Ich habe kein BAföG bekommen und auf einmal fiel von heute auf morgen mein kompletter Lebensunterhalt weg. Ich habe mir dann erstmal einen Nebenjob gesucht, um mich über Wasser zu halten.” 450 Euro waren alles, was er noch hatte und benötigte, um unabhängig zu sein. „Ich habe meinen Eltern gezeigt, dass ich damit leben kann. Ich musste nicht viel ausgeben, um alles zu haben, was ich brauche.”
Vom Hörsaal ins Handwerk
Studienergebnisse des DZHW zeigen, dass Studienabbruch keineswegs ein Scheitern der beruflichen Karriere bedeutet. Bereits ein halbes Jahr nach der Exmatrikulation haben fast die Hälfte (43 Prozent) der ehemaligen Studierenden eine schulische oder duale Berufsausbildung begonnen, weitere 31 Prozent sind erwerbstätig.
Bis Ende des vierten Semesters hatte Florian keine Alternative. Doch durch seine neue Arbeit wurde ihm schnell klar: Er möchte handwerklich-kreativ werden. „Durch Handarbeit einen Fortschritt zu sehen, bestätigte mich in meiner Arbeit. Seit langer Zeit hatte ich wieder das Gefühl, etwas geleistet und erschaffen zu haben. Das habe ich im Studium überhaupt nicht gespürt, dort habe ich nur Niederlagen erlebt. Das ist jetzt ganz anders. Jetzt spiegelt sich mein Erfolg auch in meiner Arbeit wieder.” Ein Praktikum später hatte er den Job, für den er heute brennt.
„Ich finde die Wahl des Berufes deutlich besser und bin jetzt zufriedener mit der Ausbildung, als damals mit dem Studium. Wo und wie ich nach dem Studium gearbeitet hätte, wäre unklar gewesen. Jetzt habe ich keine Zweifel mehr. Bei der Ausbildung weiß ich, dass ich genau die Inhalte, die ich theoretisch lerne, auch später praktisch anwenden kann.”
Früher machte Florian alles auf Druck, wollte besser sein als er war und andere aus den falschen Gründen zufrieden stellen. Heute entscheidet er selbst, was ihn glücklich macht – und nach der Ausbildung wird das definitiv kein Studium sein.
Text und Titelbild: Vivian Kretzschmar