Kommentar

Jetzt also doch? TikTok-Bann in den USA

von | 28. Juni 2024

Wird TikTok in den USA gebannt? Was wirft der US-Kongress TikTok vor? Und was für Strategien nutzt TikTok um diesen Bann zu verhindern?

170 Millionen US-Amerikaner nutzen TikTok im Durchschnitt für 82 Minuten pro Tag. Doch dies könnte sich im nächsten Jahr bereits ändern.

 

Joe Biden hat ein Gesetz unterschrieben, das den chinesischen Konzern Bytedance, dem TikTok gehört, dazu zwingt, die App innerhalb von neun Monaten an einen US-amerikanischen Käufer zu verkaufen, andernfalls wird die App in den USA gesperrt. Dies hat den Grund, dass Washington davon ausgeht, dass die chinesische Regierung TikTok dazu benutzt, um die Bevölkerung der USA auszuspionieren und deren Meinung zu beeinflussen. Bedenken die meiner Meinung nach gerechtfertigt sind, da schon in den Privatsphäre-Einstellungen TikTok offiziell angibt, dass sie Daten wie IP-Adresse, Region, Betriebssystem, Gerät-ID, Bildschirmauflösung, Dateitypen und Namen sowie Tastaturbewegungen deines Smartphones sammeln, sobald die App installiert wurde. TikTok ist mit diesem Gesetz natürlich nicht einverstanden und hat mit einer Videonachricht ihres CEOs Shou Zi Chew geantwortet. Dieser wandte sich direkt an die TikTok Benutzer der US, in dem er ihnen deutlich machte, dass die neue Gesetzgebung nicht nur TikTok verbieten würde, sondern auch ihre Stimme. Es ist schon etwas ironisch, dass eine Firma, die zu gewissen Teilen unter der Kontrolle der chinesische Regierung steht, welche Pressefreiheit missachtet und einen Großteil der westlichen Apps zensiert, plötzlich für „freedom of speech“ in den USA kämpft. Denn in der Peoples Republic of China hat die Regierung „golden shares“ jedes größeren Unternehmens. Diese geben ihnen automatisch einen Sitz im Vorstand sowie Entscheidungsgewalt. Was bedeutet, dass sie Zugriff auf jede private Information, die TikTok besitzt, haben.

Druck auf den Kongress

Zusätzlich zu Shou Zi Chew’s Statement auf X und TikTok, in dem er User von der Unrechtmäßigkeit des Gesetzes überzeugen wollte, schickte TikTok Push-Benachrichtigungen an einen Großteil der Nutzer in den USA. In diesen stand, dass der Kongress vorhat, TikTok zu verbieten. Dazu noch eine Aufforderung, ihre Stimme zu erheben, bevor 170 Millionen Amerikaner ihr Recht auf persönliche Entfaltung verlieren. Dies hatte zur Folge, dass in den darauffolgenden Tagen viele Abgeordnete mit Anrufen von wütenden TikTok-Nutzern überflutet wurden, von denen ein Großteil noch minderjährig war. Der Kongress ist der Meinung, dass TikTok ihre Daten über User benutzt hat, um sich gezielt an Minderjährige zu wenden. Dies würde bedeuten, dass TikTok seine Größe und Reichweite nutzt, um die amerikanische Politik zu beeinflussen. Was genau das ist, was sie gerade versuchen zu widerlegen.

Hat Trump Stimmungsschwankungen?

Das TikTok-Verbot ist eines der wenigen Themen, bei denen sich die Republikaner und die Demokraten größtenteils einig sind. Doch ein Mann stellt sich scheinbar gegen die Mehrheit, wer anders könnte es sein als Trump. Obwohl Donald Trump selber vorhatte, die App im Jahr 2020 zu verbieten, hat er jetzt seine Meinung geändert und ist nun dafür, dass die Menschen selbst entscheiden sollten. Doch woher kommt dieser Sinneswandel? Hat Donald Trump plötzlich die Wichtigkeit der Meinungsfreiheit entdeckt? Vielleicht liegt es aber auch daran, dass TikTok sich hervorragend dazu eignet, rechte Propaganda und Verschwörungstheorien zu verbreiten. Oder es könnte daran liegen, dass Trump einen Besuch von dem Milliardär Jeff Yass bekommen hat, welcher sehr viele TikTok-Anteile besitzt.

Fazit und Auswirkungen

Es ist nicht zu leugnen, dass dieses Gesetz, wenn es in Kraft tritt, Auswirkungen auf sehr viele Menschen haben wird. Ein populäres Argument ist, dass die Menschen, die durch und mit TikTok berühmt geworden sind, durch den Bann in Existenznot geraten könnten. Doch ich bin der Meinung, dass diese Menschen auch auf anderen Social Media Plattformen wie YouTube oder Instagram mit ihren Formaten erfolgreich werden können, da diese auch Kurzform-Videos anbieten. Man könnte jedoch die Handlung des Kongresses auch als protektionistisch betrachten, könnte das vielleicht der nächste Schritt zu einem weniger weltoffenen Amerika sein? Im schlimmsten Fall könnte dies auch zu einer zweiten McCarthy-Ära führen, in der alles, was eine Verbindung zur kommunistischen Partei China hat, verboten oder gebannt wird. Doch wenn ich die Lage ganz nüchtern betrachte, finde ich die Handlungen des Kongresses gerechtfertigt. Denn neben der Spionage, hat TikTok noch weitere Probleme: Inhalte, die sich gegen die chinesische Regierung richten, werden vom Algorithmus nicht verbreitet, dass sehr viele Fake-News und Verschwörungstheorien auf der App Kursieren, dass es in TikTok Live-Streams eine Großzahl von minderjährigen Usern gibt, die für Geld sexuelle Tätigkeiten verrichten sowie der Fakt, dass die App Größtenteils von Minderjährigen genutzt wird, die dann ohne Einschränkungen Zugriff auf gewalttätige und sexuelle Inhalte haben. Natürlich ist mir bewusst, dass viele andere Social-Media-Plattformen wie Instagram, Twitch und Discord diese Probleme ebenfalls haben. Doch diese sind entweder strenger reguliert oder haben weniger Reichweite. Außerdem birgt die App eine gewaltige Suchtgefahr, indem sie mit Absicht alle Schwächen des menschlichen Gehirns ausnutzt. Indem es uns pausenlos mit Dopamin bombardiert oder uns negative Beiträge vorschlägt, die uns triggern und an den Bildschirm fesseln. Ich bin eigentlich gegen das Bevormunden der Menschen durch Regierungen, doch in diesem Fall finde ich es ein Stück weit gerechtfertigt und notwendig. Da selbst in der Peoples Republic of China das Downloaden der App nicht möglich ist, wenn also selbst die Kommunistische Partei China in ihrem eigenen Land die App sperrt, warum sollten dann die USA nicht auch das Recht dazu haben?

Text, Bild: Janek Nawrath

<h3>Janek Nawrath</h3>

Janek Nawrath

ist 22 Jahre alt und studiert derzeit im 4. Semester Medienmanagement an der Hochschule Mittweida. Bei medienMittweida engagierte sie sich seit dem Sommersemester 2024