Am Tisch mit dem Handy spielen, Telefonieren im Restaurant – wie verhält man sich heutzutage richtig mit dem Smartphone?
Nur noch selten kommt es vor, dass in einem Restaurant zwei Leute wirklich miteinander reden, stattdessen haben sie ihr Smartphone in der Hand. Für die meisten sind die gängigen Benimmregeln, wie Grüßen, Smalltalk und das Benehmen bei Tisch noch aus der „Kinderstube“ bekannt und werden dementsprechend angewandt. Doch bei dem Umgang mit Handys in Gegenwart anderer Menschen nützt das Wissen der bekannten Knigge-Regeln wenig. Wer kennt das nicht – während einer Unterhaltung mit Freunden muss der Gesprächspartner das Handy „checken“, er könnte doch online etwas verpasst haben. Darauf greift möglicherweise der Gegenüber aus Langeweile ebenso zum Smartphone.
Ob die früheren Generationen es dank allgemeiner Verhaltensregeln leichter hatten? Richtiges Verhalten bei Tisch, richtige Anredeformen und was als Fauxpas bei formellen Anlässen gilt, waren Tipps, um sicher durch den Alltag zu kommen. Die Benimm-Expertin Betül Hanisch erklärte im Interview mit der „Apotheken-Umschau„:
„Viele Menschen wissen nicht so recht, wie sie sich im Umgang mit dem Handy richtig verhalten sollen. Tischmanieren hat man seit Kindtagen gelernt, das Smartphone kam erst später.“
Heutzutage gibt es jedoch immer mehr Menschen mit Mobiltelefonen. Nach einer Umfrage von „comScore“, veröffentlicht auf Statista, lag etwa die Anzahl der deutschen Smartphone-Nutzer im Februar 2014 bei mehr als 40 Millionen Menschen, Tendenz steigend.
Den meisten Smartphone-Nutzer sind sich wohl die absoluten Handyverbote, dank entsprechender Beschilderung, in Krankenhäusern und Passagierflugzeugen bewusst. Unter den zweitausend Befragten von „tecmark“ wurde auch herausgefunden, dass das Handy häufig benutzt wird, ohne es zu bemerken. Zwei Drittel der Befragten sagten, sie melden sich ohne zu denken bei Facebook an. Das scheint zu erklären, wieso in vielen Restaurants Menschen wortlos zusammensitzen und ihre Smartphones in der Hand halten.
Moderne Knigge-Experten wissen allerdings, wie ein Gast sich angemessen im Restaurant verhält. Was wenn das Mobiltelefon vorausschauend auf lautlos gestellt wurde und trotzdem bei jedem Aufblinken das Gespräch unterbrochen wird? Der Apotheken-Umschau verriet Hanisch ihre Grundregel: „Der Mensch, mit dem ich mich gerade beschäftige, ist mir wichtig.“ Wer permanent mit seinem Handy agiert, signalisiere seinem Gegenüber das Gerät sei ihm wichtiger. Denselben Leitfaden können Smartphone-Nutzer durchaus auch im Theater, Kino, beim Gottesdienst und oder bei Beerdigungen anwenden – wobei Nutzer bei diesen Veranstaltungen ihre Geräte komplett ausschalten und keineswegs nur auf „stumm“ schalten beziehungsweise „Vibration“ stellen sollten, wie auf knigge.de umfassend erläutert wird. Falls doch ein wichtiges Gespräch erwartet, solle der Angerufene sich entschuldigen und den Tisch für das Telefongespräch verlassen. Die Menschen in der näheren Umgebung werden dankbar sein, wenn das Gespräch in normaler Lautstärke stattfindet.
Dass diese Tipps nicht so leicht umzusetzen sind, wie es den Anschein hat, ist nach der Studie der Marketing Agentur tecmark offensichtlich. Der durchschnittliche Nutzer greift pro Woche 1.500 Mal zu seinem Smartphone, das sind 214 Mal pro Tag und drei Stunden, 16 Minuten. Es beginnt schon um 7:31 Uhr mit dem „checken“ von Mails und Facebook. Die Mehrheit informiert sich vor dem Aufstehen über das Wetter, liest aktuelle Meldungen und verschickt ein bis zwei Nachrichten an Freunde.
Seit Anfang 2013 gibt es eine Lösung für Menschen, die ihre Hände einfach nicht von ihren Handys lassen können – die App „Downside„. Mit der soll dem Störfaktor Handy spielerisch entgegengewirkt werden. Alle Anwesenden drehen ihr Smartphone auf die Bildschirmseite (englisch „Downside“) – wer es als Erstes wieder in den Händen hält, hat verloren. Das Handy versucht durch Blinken den Anschein zu erwecken, dass man Nachrichten und Anrufe erhält, dem ist natürlich nicht so. Doch wer darauf reinfällt, muss mit den Konsequenzen rechnen zum Beispiel einen Drink oder ein ganzes Essen spendieren.
Bei all‘ dem Nachrichten schreiben und „Herumspielen“ am Mobiltelefon sollte nicht vergessen werden, was gute Manieren sind.
„Interessiere dich für andere, wenn du willst, daß sie sich für dich interessieren.“ (Adolph Freiherr von Knigge)
Text: Chris Hanisch. Beitragsbild: ⒸUnsplash unter CC0 1.0 Universell.