Trend vs. Shitstorm – die Stimmung im Social Web

von | 5. März 2015

Die beiden Begriffe „Trend“ und „Shitstorm“ tauchen immer wieder im Internet auf und sorgen zugleich für Schlagzeilen. Was sich dahinter verbirgt und wie die negativen Auswirkungen eines Shitstorms zu bewältigen sind, […]

Die beiden Begriffe „Trend“ und „Shitstorm“ tauchen immer wieder im Internet auf und sorgen zugleich für Schlagzeilen. Was sich dahinter verbirgt und wie die negativen Auswirkungen eines Shitstorms zu bewältigen sind, gibt es bei medienMITTWEIDA zu erfahren. 

Laut Duden wird ein Shitstorm als „Sturm der Entrüstung in einem Kommunikationsmedium des Internets, der zum Teil mit beleidigenden Äußerungen einhergeht“ definiert. Der Trend dagegen ist ein „über einen gewissen Zeitraum bereits zu beobachtende statistisch erfassbare Entwicklung[stendenz]“. Die beiden gegensätzlichen Begriffe lassen sich aber durchaus auch verbinden, um so für ein positives Ergebnis zu sorgen.

Indie-Spiel sorgt für Schlagzeilen

Es kann jedoch auch problematisch werden, wie der Vorfall vor ein paar Tagen im Gaming-Bereich zeigt. Laut „gamestar.de“ werden immer weniger Tests und Vorab-Versionen von kommenden Titeln an die Presse ausgegeben. Die Publisher begründen dies damit, dass bei Online-Titeln erst mit anderen Spielern die volle Erfahrung möglich sei. So gibt es noch vor dem Release von „The Order: 1886“ vom amerikanischen Entwicklerstudio „Ready At Dawn“ im Internet einen Shitstorm. Eine kurze Spielzeit bei einem reinen Solo-Spiel rechtfertige unter keinen Umständen einen Vollpreis in Höhe von 60 Euro. Ausgangspunkt der Vorwürfe ist der „Leak“ des YouTubers PlayMeThrough, der für seinen Durchlauf von „The Order: 1886“ nur rund fünfeinhalb Stunden gebraucht hat. In der heutigen Gaming-Landschaft müsse ein Titel entweder mehr bieten oder weniger kosten, ist die Meinung in der VG247-Kolumne von Matt Martin.

Trends als Inszenierung von Shitstürmen

„Im Marketing gilt der Grundsatz, dass es immer gut ist, wenn über jemand geredet wird. Insofern birgt jeder Shitstorm zumindest auch ein potentielles Potential in sich.“

Dr. Hansjörg Leichsenring ist der Herausgeber des Bank Blogs, dort berichtet er über aktuelle Trends im Finanzsektor und auch zu Social Media-Themen. Im Interview mit medienMITTWEIDA warnt er davor, dass dies nur geschehe, wenn das Handling richtig erfolge. Auch der Blogger Kai Thrun meint, dass einige der „Entrüstungsstürme“ im Web inszeniert sein könnten. In seinem Blog schreibt er, dass gerade zum Sommerloch einige Ereignisse auf Facebook zustande kämen. Er ist sich sicher, dass einige Likes bei den Posts auf den Pinnwänden manipuliert würden, da er die jeweiligen chronologischen Abläufe genau unter die Lupe nahm. Dies müsse allerdings nicht zwingend von den jeweiligen Seiteninhabern gewesen sein.

Lindsay Lohan beispielsweise sorgte im Januar mit einem Bild auf „Instagram“ für Aufruhr. Es stellte sich heraus, dass das Bild vorher bearbeitet wurde. Schräge Flaschen und anatomisch fragwürdige Proportionen deuteten darauf hin. Statt schmeichelhaften Äußerungen gab es negative Kommentare. Sie versuchte mit dem Hashtag #mycalvins und einem Unterwäsche-Selfie auf Instagram Aufmerksamkeit für ihre Calvin Klein-Unterwäsche und für sich selbst zu bekommen.

Lindsay Lohan bescherte Calvin Klein durch ihren Photoshop-Fail Presse.

Lindsay Lohans „Fake“-Unterwäsche-Selfie.

Woher kommt die starke Bereitschaft für heftigen Kritik im Social Web?

Die Anlässe für kritische Äußerungen im Social Web seien vielfältig von konkreten Problemen einzelner Kunden wie zum Beispiel Preiserhöhungen bis hin zu Fragen gesellschaftlicher oder politischer Relevanz, meint Dr. Hansjörg Leichsenring, der im Bereich Management und Beratung/Consulting tätig ist. Auf den Social Media-Profilen wie Twitter, Facebook und Co. können die Nutzer ohne große Umwege ihren Ärger und ihre Begeisterung ausdrücken und Gleichgesinnte finden. Der Freiburger Soziologe Sacha Szabo meint in einer Pressemitteilung des Institutes für Theoriekultur, dass es der Masse weniger um die Gründe, als vielmehr um ihre Eigendynamik ginge. So würden auch anfangs Unbeteiligte hineingezogen werden und sich beteiligen. Das Internet biete dem Nutzer durch Anonymität eine Möglichkeit sich frei und ohne Bedenken zu äußern, die Chance würden die Menschen nutzen.

Sacha Szabo

„Gerade hinter einer Maske lässt sich das sadistisch-triebhafte Moment regressiv ausleben. Es verschafft Lust, sich dieser Aggression hinzugeben und für einen Moment die kontrollierte Distanz zu sich selbst aufzugeben. Wie sich diese Triebe äußern, dazu finden sich Anleihen bei den Todsünden.“

Notfallplan bei Shitstorm

Jens Petersen, der Leiter der Unternehmenskommunikation auf dem Blog newsaktuell.de, gibt in seinem Blogpost Tipps, welche Fehler im Shitstorm zu vermeiden sind.

„Wer kritische Posts ignoriert, gibt dem Shitstorm unnötig Freiraum, sich zu entfalten.“

Wenn man dann auf die negativen Kommentare antwortet, sollte dies keinesfalls in Beschimpfungen ausarten. „Der Umgangston im Web ist oft rüde und beleidigend. Darauf keinesfalls einsteigen.“ rät der Experte. Auch löschen sei keine Lösung.

„Aggressive Online-Kämpfer dokumentieren, wie ein Post gelöscht wurde und informieren darüber die Community. Das wird dann zum Treibsand für den Shitstorm.“

Stattdessen sollte immer klar reagiert werden, denn „Heiße-Luft-Antworten“ würden keinen Shitstorm ersticken.

Humor sorgt für Sympathie

Manchmal führen allerdings auch ungewöhnliche Methoden zum Ziel und für Symphatie bei den Menschen. Das Flugunternehmen „Ryanair“ sorgte diesen Monat für Schlagzeilen als Ryanair-Kofferpacken einen Penis in den Schnee malten und Passagier Bernard Keary davon ein Bild twitterte. Darauf reagierte ein Sprecher des Unternehmens nach Beschwerden mit folgenden Worten:

„While our ground crew excel at industry leading 25 minute turnarounds, art isn’t their forte, as they’ve clearly forgotten to draw wings on their snow airplane.“

Das sorgte für Sympathie bei vielen Leuten und zeigt, wie man durch den Selbstläufer-Trend des Shitstorms auch positiv begegnen kann.

Text: Chris Hanisch. Beitragsbild: Ⓒmarcino unter CC0 1.0 universell. Bearbeitung: Louisa Bandura.

<h3>Chris Hanisch</h3>

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