TV-Sender bauen Barrieren ab

von | 27. Oktober 2011

Das TV-Programm für Seh- und Hörgeschädigte ist noch immer lückenhaft. Der Großteil der Sendungen ist nicht barrierefrei. Die Sender bauen ihr Angebot aber aus.

Wenn die meisten Zuschauer den Fernseher anschalten, erwartet sie ein umfangreiches, informierendes und unterhaltendes Fernsehangebot. Für seh- und hörgeschädigte Zuschauer ist dies jedoch nicht selbstverständlich. Die reine Übertragung von Bild und Ton reicht für sie meist nicht aus. Das Angebot von Untertiteln, Gebärdensprache und Audiodeskription durch die TV-Sender ermöglicht den barrierefreien Zugang zum Fernsehen. Damit können auch behinderte Menschen an einem gemeinschaftlichen Medienerlebnis teilhaben. Öffentlich-rechtliche Sender nehmen bei diesem Fernsehangebot eine Vorreiterrolle ein.

Das größte Angebot im Rahmen des sogenannten „barrierefreien Fernsehens“ sind untertitelte Sendungen. „Das Erste“ sendet derzeit etwa 37 Prozent des Programms mit Untertiteln, die auf einer Videotextseite verfolgt werden können. Des Weiteren bietet „Phoenix“ während der Ausstrahlung des „ARD“-Nachrichtenformats „Tagesschau“ einen Gebärdensprachendolmetscher an. Das Angebot an Hörfilmen- und Sendungen ist wiederum bisher begrenzt. So strahlt „Das Erste“ als einer der wenigen Sender den Großteil seiner Filme am Abend mit Audiodeskription aus. Dabei werden in den Sprecher- bzw. Dialogpausen die gezeigten Szenen und Bilder beschrieben. Dieser akustische Kommentar – ähnlich einem Hörspiel – ermöglicht Blinden und Sehbehinderten ein besseres Verständnis der gezeigten Handlung.

Mehr private Sender mit Untertitel-Angebot

Öffentlich-rechtliche und auch private Sender wie „ProSieben“ oder „Kabel Eins“ ermöglichen ein Programm mit Untertiteln, indem sie spezielle Teletextseiten zuschalten. Ende letzten Jahres startete auch „RTL“ damit ausgewählte Primetime-Filme mit empfangbarem Untertitel auszustrahlen. Nun kommt auch Schwesternsender „Vox“ seiner gesellschaftlichen Verantwortung nach und zeigt ab November immer donnerstags das „Starkino“ mit optional eingeblendeten Untertiteln.

Der Grund für den späten Einstieg in das „barrierefreie Fernsehen“ sind die fehlenden Voraussetzungen, welche die Mediengruppe „RTL Deutschland“ erst mit dem Umzug in das neue Sendezentrum in Köln-Deutz Ende 2010 beseitigen konnte. „Dort sind die technischen Voraussetzungen zur Auslieferung von Untertiteln für Gehörlose nach den neusten technischen Standards geschaffen worden. Die Ausstrahlung von Untertiteln über die digitalen Übertragungswege ist an diese neue Technik gekoppelt. „, erklärt die Pressesprecherin Corinna Teuner. Die Untertitel lassen sich somit nur auf digitalem Weg über Satellit, Kabel oder DVB-T empfangen, für Zuschauer mit analogem Empfang ist das Programm weiterhin nicht barrierefrei. Das in Deutschland weit verbreitete Verfahren, den Untertitel auf einer bestimmten Teletextseite anzeigen zu lassen, kommt nicht zum Einsatz.

Kostenintensives Verfahren

Die Bereitstellung eines Fernsehangebots für hör- und sehgeschädigte Menschen gestaltet sich für private Sender vor allem aufgrund des eingeschränkten finanziellen Budgets schwierig: „Anders als die öffentlich-rechtlichen Sender, werden wir nicht durch Gebühren in Milliardenhöhe finanziert. Die Erstellung von Untertiteln ist allerdings relativ kostenintensiv und gerade für kleinere Sender oft nicht zu finanzieren“, sagt Corinna Teuner. Der Ausbau des Angebots bei „Vox“ sei jedoch bereits in Planung. Neben den Donnerstagsfilmen sollen bald Spielfilme, die zur Primetime an Feiertagen laufen, mit Untertiteln empfangbar sein.

Vorreiter ARD hat sich für die Zukunft ebenso weitere Ziele für sein barrierefreies Fernsehen gesteckt. Bis 2013 sollen im „Ersten“ alle Erstausstrahlungen mit Untertiteln für gehörlose und schwerhörige Zuschauer versehen werden. Zudem sollen künftig alle fiktionalen Formate sowie Tier- und Naturfilme im Hauptprogramm eine Hörfilmfassung für blinde und stark sehbehinderte Personen bekommen. Somit bietet das Fernsehprogramm in Zukunft auch für behinderte Menschen eine zunehmend größere Auswahl.

<h3>Nadja Rußig</h3>

Nadja Rußig