Einen wirklich einfachen Start in die „Twitter“-Welt hatte der ehemalige „ZDF“-Moderator und jetzige Regierungssprecher Steffen Seibert nicht. Von Anfang an musste er sich rechtfertigen. Übereifrige Follower korrigierten ihn äußerst kleinlich, belehrten ihn sogar, wie er das Wort Ministerpräsident abzukürzen habe. Auch seine ehemaligen Journalisten-Kollegen kritisierten ihn, da sie um die Exklusivität ihrer Nachrichten bangten.
Diese Bedenken kann er nicht nachvollziehen. „Die Welt funktioniert heute nun mal so“, sagte Seibert am vergangenen Freitag auf der „Republica“. Das Internet sei schließlich nicht das einzige Kommunikationsmittel. „Ich müsste mich eigentlich rechtfertigen, wenn ich ‚Twitter‘ nicht nutzen würde“, ist Seibert überzeugt.
Politik versus Lady Gaga
Die Bundesregierung versucht immer häufiger, das Internet für sich zu nutzen. So können aktuell Bürgerinnen und Bürger ihre Vorschläge zur Reform des Punktesystems und Verkehrszentralregisters machen. Auch der „Zukunftsdialog“ der Bundeskanzlerin Anfang Februar ist nur ein Beispiel für die Online-Offensive der Politik. Seibert versprach, dass es in Zukunft mehr solcher Beteiligungen geben wird.
Das Internet sei für ihn ein unabdingbarer Kanal der Kommunikation geworden. Nur noch danach zu handeln, hält er aber für falsch, da das World Wide Web nicht repräsentativ sei: „Mein Vater ist 87 Jahre alt und wird den Weg ins Netz nicht mehr finden.“ Auch über den „Youtube“-Kanal der Kanzlerin sprach der Regierungssprecher auf der „Republica“: „’Youtube‘ ist mehr für die Suche nach ‚Lady Gaga‘-Nachfolgern oder Videos, die zeigen, wie Kinder eine Treppe runter fallen, geeignet. Es ist einfach kein politisches Medium.“
Twittern will gelernt sein
Mittlerweile twittern viele Regierungen: das Weiße Haus in Washington, der Kreml in Moskau und sogar der Vatikan hat einen „Twitter“-Account. Steffen Seibert alias @Reg Sprecher gestand auf dem Social-Media-Kongress außerdem, dass er am Anfang eine verquere Vorstellung vom Twittern hatte. Dass so viele Leute auf seine Nachrichten antworten, hätte er damals nicht erwartet. Die drei Millionen Follower von US-Präsident Barack Obama hoffte er anfangs schnell schlagen zu können, heute sagt er, das sei utopisch. „Man wird zum Zahlenfetischist“, offenbarte er den Zuhörern. Er ist stolz auf seine derzeit circa 58.000 Follower.