Umweltschutz

Die schwarze Sonne über dem blauen Meer

von | 8. Februar 2019

Das Leben im Meer scheint unendlich: über 230.000 bekannte Arten schwimmen, tauchen und strömen im Meer umher. Doch sie sehen sich auch einer großen Gefahr ausgesetzt: dem Menschen.

Ich stehe im Supermarkt vor den Regalen. Vor meinen Augen sehe ich das riesige Angebot an Fisch, der hier verkauft wird. Alaska Seelachsfilet, norwegischer Lachs und Thunfisch in der Dose blicken mich an. „Eiweißhaltig und gesund“, denke ich mir. Während ich meinen Thunfisch in der Dose in meinen Plastikbeutel packe und die neueste Nachricht von SPIEGEL ONLINE über den Austritt von Japan aus der internationalen Walfangkommission auf meinem Smartphone lese, frage ich mich, was ich der Umwelt und den Fischen eigentlich gerade angetan habe.

Im Artikel vom  26.12.2018 steht geschrieben, dass Japan ab Juni 2019 wieder plant, Wale zu kommerziellen Zwecken zu jagen. Der Bestand hätte sich laut Aussagen der japanischen Regierung wieder soweit erholt, dass dieser Schritt möglich sei. Doch was bedeutet dieses Szenario für die Ozeane und ihre schwimmenden Bewohner?

Rettet die Wale

“Die Ärzte” schrieben 1984 einen Song zu diesem Thema und auch Tierschützer haben sich 1946 mit der IWC dieses Ziel gesetzt. Die Internationale Walfangkommission ist eine globale Institution, die sich für den Schutz der Wale verantwortlich zeigt. Die IWC wurde am 02.12.1946 in Washington D.C. gegründet und rechtswirksam unterzeichnet. Derzeit sind 89 Länder weltweit Mitglied der Kommission, darunter Länder wie Deutschland, Frankreich oder die USA. Japan war seit 1951 Mitglied der internationalen Organisation und hatte schon 2018 mehrfach versucht aus dieser auszutreten. Laut eigenen Aussagen ist der Walfang Teil der „reichen japanischen Walfang-Kultur“, wie man sie selbst bezeichnet.

Zu den größten Erfolgen der IWC zählen die Einrichtungen von Walschutzgebieten in der Antarktis und dem indischen Ozean. Aktuell gibt es auf der Welt 95 verschiedene Walarten, wovon es zwei verschiedene Oberarten gibt. Die Bartenwale ohne Zähne, die sich von Plankton ernähren und die Zahnwale, die entgegen ihres Namens auch keine richtigen Zähne besitzen, sich aber räuberisch von anderen Meeresbewohnern, wie zum Beispiel Robben, ernähren. Ein Wal liefert dabei ca. 1500 Kilogramm Fleisch für den Jäger ab. Die Tiere sind allerdings stark vom Aussterben bedroht und die Art der Jagd und des Tötens löst bei vielen Menschen blankes Entsetzen aus. Der offizielle Walfang wurde schon 1986 zum Schutz dieser Säuger weltweit verboten.

„Wir können nicht mit Walen reden, aber wir können sie essen.“

Japan hat sich in den letzten Jahren aber auf eine Ausnahmeregel von 1986 der IWC bezogen, die besagt, dass Wale zu wissenschaftlichen Zwecken getötet werden dürfen. Wie die Natur- und Umweltschutzorganisation WWF allerdings berichtet, landet das für wissenschaftliche Zwecke gejagte Fleisch nachweislich größtenteils in den Supermärkten und Restaurants Japans. Auch mit der WDC berichtet eine weitere Tierschutzorganisation 2016 davon, dass der „Japan Trend Shop“ Walfleisch an ausländische Kunden mit Euro- und Dollarpreisen angeboten hat. Laut eigenen Aussagen wäre das Fleisch von Tieren, die für Forschungszwecke getötet wurden und die Kunden bräuchten daher keine ökologischen Bedenken haben. Für viele Regierungen bedeutet die Waljagd ein Millionengeschäft. Neben Island, widersetzt sich auch Norwegen dem Abkommen und der norwegische Minister fordert von den Bürgern des Landes, dass sie mehr Walfleisch essen sollen, wie Stern 2018 berichtet. Für Norwegen ist es ebenso Teil der Kultur, Walfleisch zu essen. Die Begründung für die Jagd war, dass es sich dabei um exzellentes Fleisch handelt, welches außerdem gesund sein soll. „Wir können nicht mit Walen reden, aber wir können sie essen“, wird der norwegische Minister Harald Tom Nesvik im Artikel zitiert. Die IWC widersprach dem Gesundheitsargument allerdings und warnte, dass das Fleisch mit Schadstoffen wie Quecksilber belastet sei.

Unerbitterlich, voller Leidenschaft und Courage

Doch wo es einen Jäger gibt, gibt es in diesem Fall auch einen Beschützer. Neben der Internationalen Walfangkommission gibt es zahlreiche andere Institutionen, die sich für den Schutz der Meere und ihrer Bewohner einsetzen. 1977 gründete Paul Watson, seines Zeichens ehemaliges Gründungsmitglied von Greenpeace, die Umweltschutzorganisation Sea Shepherd. Diese setzt sich speziell für die Lebewesen der Weltmeere ein. Während andere Umweltschützer wie die WWF oder Deutschlands größte Tierrechtsorganisation PETA versuchen das Leben und die Rechte von Tieren mit Petitionen und Demonstrationen zu erhalten, wählt Sea Shepherd einen offensiveren Weg. So gehen sie gegen Wilderei und Jagd auf Meerestiere mit militärischen Schiffen vor. Allerdings zeigen die vermeintlich guten Taten nicht immer eine positive Resonanz der Widersacher. Wie die taz 2012 berichtete, sehen viele Regierende in Paul Watson einen Verbrecher. So stand er im besagten Jahr auch auf der roten Liste von Interpol und war auf der Flucht vor den internationalen Behörden. Damals forderte neben Costa Rica auch Japan seine Auslieferung. Ihm wurden „umstrittene Seemanöver“ vorgeworfen. Watson setzt sich mit seiner Flotte kämpferisch für allerlei Meerestiere ein und kann dabei auch prominente Beschützer wie Pamela Anderson oder Bob Barker aufweisen. Nach letzterem wurde gar ein Schiff benannt. Watson wird im Artikel mit den folgenden Worten zitiert: „Ich gebe so lange nicht nach, bis keine Wale mehr gewildert werden.“ und das macht sich bemerkbar: So legte Sea Shepherd 2016 eine komplette illegale Treibnetzflotte lahm und laut eigener Aussage hat es Japan seit 2005 nicht mehr geschafft ihre wirtschaftliche Quote durch Walfang zu erreichen. Sea Shepherd hat einen wirtschaftlichen Schaden von über 108 Millionen Euro an der Regierung errechnet. Zwischen 2002 und 2017 wurden nach eigenen Schätzungen über 6000 Wale gerettet. Der Artikel endet mit einer Kampfansage an die japanische Regierung: „Es wird die Zeit kommen, wo Japan erkennen wird, dass sie nicht weiterhin finanziell in ein Fass ohne Boden investieren können. Und bis dieser Tag kommt, werden wir auch weiterhin die Wale hier im Antarktischen Walschutzgebiet schützen. Wir sind unerbittlich, voller Leidenschaft und Courage, und wir werden nicht aufgeben!“

Manuel Abrass ist ebenfalls Mitglied von Sea Shepherd und seit Juni 2018 als Direktor für den Gesamtverein in Deutschland tätig. Als Ziel von Sea Shepherd sieht er den Erhalt und den Schutz der Meere und ihrer Bewohner als Ganzes. „Das Überleben dieses Ökosystems ist unabdingbar, auch für unser eigenes Überleben“, weiß der Vater von drei Kindern.

Eisige Gewässer. blutgetränkte Meere und die direkte Begegnung mit den Jägern und Gejagten: Sea Shepherd kämpft für die Ozeane und ist immer an vorderster Front. Fotos: Sea Shepherd

Unser blauer Planet

Denn die Meere machen ca. 70 Prozent der Erdoberfläche unseres Planeten aus. Neben dem Wal leben, tauchen und schwimmen unzählige Tiere in den tiefen Gewässern, viele davon noch nicht einmal erforscht. Laut Planet Wissen stieg die Anzahl der Fischerei von 12,8 Millionen Tonnen im Jahr 1950 auf 80 Millionen Tonnen pro Jahr seit 2000. Die Konsequenz daraus wäre, dass ab 2050 keine kommerzielle Fischerei mehr möglich sei, wie das UN-Umweltprogramm Unep herausgefunden haben soll. Manuel Abrass sieht das Ökosystem allerdings auch durch die „unglaubliche Meeresverschmutzung“ bedroht. Die Tierschutzorganisation WWF zeigte auf, dass unsere Meere mit ca. 86 Millionen Tonnen Plastik vermüllt sind. Dieser Plastikmüll kann sich zwischen 250 bis 500 Jahren halten. Zu diesem Abfall zählen aber auch Netze, die die Fischer auf hoher See verlieren oder einfach entsorgen, falls diese kaputt gegangen sind. Tiere, die auf Sauerstoff angewiesen sind und an die Wasseroberfläche schwimmen, können sich in diesen Netzen verfangen und chancenlos ertrinken. Die Meeresbewohner sehen sich also nicht nur der Gefahr der Fangflotten und der Überfischung gestellt, sondern auch der von treibendem Müll. Auch hier gilt es für die Umweltschutzorganisationen einzugreifen. 

Es gibt keinen zweiten Planeten

Fest steht: Japan will ab 2019 wieder kommerziell Wale jagen und die Gegenbewegung wird nicht lange auf sich warten lassen. „Sea Shepherd diskutiert nicht lange, sondern geht aktiv mit Schiffen und Mannschaften raus und verändert direkt etwas“, beschreibt Manuel den Unterschied zu anderen Umweltschutzorganisationen. Verändern können aber auch die Menschen im alltäglichen Leben etwas und zwar ohne sich den Walfängern direkt in den Weg zu stellen.

Sea Shepherd stellt hierbei eine Reihe von Tipps und Vorschlägen zur Verfügung, wie man mit kleinen Schritten etwas Großes für die Meere tun kann. Ein relevanter Punkt ist für die Institution dabei der allgemeine Verzicht auf Plastik, was sich auch beim alltäglichen Einkaufen bemerkbar machen kann: Hier rät die Organisation auf Glasflaschen umzusteigen. Manuel und seine Familie wollen selbst etwas bewegen: So verzichten sie komplett auf den Verzehr von Fisch und versuchen keine Einweg-Kunststoffe zu kaufen. Wobei sich letzteres laut eigenen Aussagen schwer gestaltet. Manuel sieht aber Hoffnung für den blauen Planeten: „Ich habe den festen Glauben, dass es möglich ist die Meere und große Teile der Vielfalt darin zu erhalten.“ Manuel rät dazu, das eigene Kaufverhalten zu überdenken, schonend mit Ressourcen umzugehen und seine Freunde und Verwandten über die Situation in den Meeren aufzuklären. „Im Grunde sollten wir täglich daran denken, dass wir nur diesen einen Planeten haben. Einen zweiten gibt es nicht!“

Text: Benjamin Agsten; Fotos: Sea Shepherd; Illustration: Marie Kühnemann

<h3>Benjamin Agsten</h3>

Benjamin Agsten

Benjamin studiert an der Hochschule Mittweida Medienmanagement mit der Vertiefung Digital Journalism. Er ist seit April 2018 Ressortleiter für das Ressort "Story" auf medienMITTWEIDA und seit Juli 2018 als freier Journalist für die Freie Presse aktiv.