Vertrauen reicht bei Amateurvideos nicht

von | 4. Oktober 2012

Das Netz eröffnet in Krisengebieten eine neue Art der Berichterstattung. Denn Amateuraufnahmen sind vermeintlich leicht zu bekommen – doch verifizieren lassen sie sich nur schwer. Durch das Internet und Social […]

Das Netz eröffnet in Krisengebieten eine neue Art der Berichterstattung. Denn Amateuraufnahmen sind vermeintlich leicht zu bekommen – doch verifizieren lassen sie sich nur schwer.

Laienvideos haben eine wachsende Bedeutung in der Berichterstattung, bedürfen aber einer genauen KontrolleDurch das Internet und Social Media wird die Vernetzung der Menschen immer globaler. Dabei helfen Amateurbilder oder -Videos auf  „Facebook“ und „Twitter“ längst auch bei der Erstellung von Fernsehnachrichten. Zum Beispiel um Fakten und Entwicklungen in Krisengebieten wie beispielsweise in Syrien darzustellen. Dabei ist die Glaubwürdigkeit der Informanten und Quellen wichtiger als die reine Organisation der Bildrechte. Denn bei dem Internetmaterial besteht immer die Gefahr, dass es nicht zu Zwecken der Aufklärung produziert wurde, sondern manipulieren soll um politische Interessen zu untermauern oder das Meinungsbild zu beeinflussen.

Verifikation in vier Stufen

„Wir wollen uns dieser neuen Art der Berichterstattung nicht verschließen und empfinden es als wichtig, Amateuraufnahmen mit einzubeziehen und mit den Leuten vor Ort in Kontakt zu treten um über das gesamte Bild zu berichten“, erklärt Michael Wegener,  Manager des „Content Center ARD News“.

Um die Echtheit von Informationen zu beweisen, verwendet das „ARD Content Center“ ein vierstufiges Verfahren. Hier werden Indizien und Hinweise zusammengetragen und analysiert. „So klären wir im ersten Schritt die redaktionelle Verifikation, indem wir allen W-Fragen nachgehen“, erklärt Wegener.

„Dann überprüfen wir die Quelle: Wir beobachten zum Beispiel wie viele Follower eine Quelle hat oder wie glaubhaft in einer Gruppe diskutiert wird“, beschreibt Wegener das Vorgehen. Im dritten Schritt werden Experten hinzugezogen, die sich mit der Materie, dem Ort auf dem Bildmaterial oder der Sprache auskennen. „Schließlich findet eine technische Verifikation statt, in der überprüft wird, ob das Bildmaterial mit ‚Photoshop‘ bearbeitet wurde“, erklärt der Content-Manager.

Eine neue Art der Berichterstattung

Das Material aus dem Netz ist ein wichtiger Bestandteil der Berichterstattung über Krisengebiete. „Amateuraufnahmen gewinnen dann an Bedeutung, wenn sie Ereignisse dokumentieren, die professionelle Journalisten nicht festgehalten haben. Gerade im Arabischen Frühling haben die Machthaber freie Berichterstattung verhindert, indem Einreise- und Berufsverbote ausgesprochen wurden oder Journalisten von Geheimdiensten überwacht beziehungsweise festgehalten wurden“, erklärt Dara Hassanzadeh, Redakteur des „ZDFheutejournals“.

Diese staatliche Macht über die Bilder sei durch die Veröffentlichung der Laienaufnahmen im Web 2.0 aber gebrochen. Die Niederschlagung der Proteste, Folter und andere Verbrechen seien über das Internet an das Licht der Weltöffentlichkeit gekommen und somit in der Berichterstattung unabdingbar geworden.

Vitamin B ist gefragt

Doch auch im Internet sind die richtigen Kontakte wichtig, weiß Hassanzadeh. „Gerade im Hinblick auf den Arabischen Frühling hilft mir eine große Community, die sich in sozialen Medien austauscht. Ich habe das Glück deren Mitglied zu sein, da ich schon bei der Grünen Revolution im Iran 2009 über diese Kanäle recherchiert und kommuniziert habe“, berichtet er. Gerade in Syrien haben die Aktivisten lokale Medien-Center gegründet, die konkrete Fragen zu den von ihnen gedrehten und veröffentlichen Materialien beantworten. Denn auch das Videomaterial von Amateuren ist Vertrauenssache – und diese Glaubwürdigkeit lässt sich mit gewissen Indikatoren sicherstellen.

Text: Anja Wanger. Bild: sxc.hu, flickr.com, Fotograf: Fastfood, lusi, uriondo, Bearbeitung: Désirée Triemer

<h3>Anja Wanger</h3>

Anja Wanger