Geschlecht, Hobby, die Lieblingsband und fast das gesamte tägliche Surfverhalten – das alles sind Informationen über den „anonymen User“, dem personenbezogene Werbung im Netz zu Gute kommen soll. medienMITTWEIDA hat einmal nachgefragt wie diese Daten effektiv verarbeitet werden, um Werbung für den Geschmack des Nutzers zu generieren.
Laut Aussagen des Zentralverbandes der Deutschen Werbewirtschaft liegt der Anteil der Onlinewerbung am deutschen Gesamtwerbemarkt zwischen 5 und 20 Prozent. Damit wurden erstmals in Deutschland 2012 die Nettoumsätze von 1 Milliarde Euro überschritten. Im Interview mit medienMITTWEIDA haben uns die beiden Online-Werbeexperten Kai Hack und Kevin Ehrmann von „suchdialog“ die Vorgehensweise ihrer Arbeit bei der Schaltung personalisierter Werbung erklärt.
Das Geschäft boomt
Das US-Unternehmen „Wordstream.com“ hat die Umsatzzahlen von Google im Jahr 2011 in einer Infografik aufbereitet. Darin liegt der Anteil des durch Werbeeinnahmen erzielten Umsatzes des Suchmaschinen-Giganten bei 96 Prozent. Das Anzeigenformat „Behavioral Targeting“, zu Deutsch: „Verhaltensbezogene Zielgruppenansprache“ soll dem Anzeigenkunden helfen, die Interessen des Nutzers genau zu treffen. Über die Google eigene Internetseite Ads Preferences Manager kann der User sogar selbst seine Vorlieben einstellen, nach denen Werbeanzeigen für ihn geschaltet werden sollen. Heikle Interessen allerdings, wie sexuelle Neigungen spart die Suchmaschine ganz aus. Ebenfalls können bereits gespeicherte Daten eingesehen werden.
Im dem mm.de Podcast Verfolgungswahnsinn 2.0 erklärten bereits Datenschützer ihre Bedenken über die personalisierte Werbung im Netz. Stephan Noller, Gründer und Vorstandvorsitzender von „nugg.ad“ bezog ebenfalls in einem Interview mit medienMittweida dazu Stellung.
Was tun wenn’s nervt?
Um zielgruppengenau Anzeigen schalten zu können, werden unter anderem die Analyse des Surfverhaltens oder freiwillig hinterlegte Nutzerdaten, zum Beispiel auf Facebook, genutzt. Eine andere Form des Datenbezugs erfolgt durch das sogenannte „Retargeting“. Dabei werden neben den aufgerufenen Daten zusätzlich Cookies auf dem Computer des Nutzers installiert. Ebenfalls wird ein Verweis für den dazugehörigen „Adserver“ gespeichert. Dieser ist für das Anzeigen der Werbung zuständig. Besucht der User nun eine Website, die Werbung des gleichen „Adservers“ anzeigt, wird statt beliebiger Werbung wieder auf das bereits angeschaute Produkt verwiesen.
Um sich gegen einen Überschuss der Online-Anzeigen zu schützen, kann die Annahme von Cookies ausgeschaltet oder diese gelöscht werden. Eine weitere Möglichkeit bietet das Browser-Add-on „AdBlock“. Dieses blockiert ungewollte Werbung für alle gängigen Browserarten.
Die digitale Schere in der Kritik
Schätzungsweise nutzten knapp ein Viertel der Internetuser das Browser-Erweiterungsprogramm der „Eyeo GmbH“ aus Deutschland. Durch bestimmte Regeln der Programmierer schneidet „Adblock“ unliebsame Werbebotschaften heraus. Werbeeinnahmen gehen verloren. Mit jeder Installation wächst die Bedrohung der Geschäftsmodelle im Netz. Die Marktlücke der Eyeo GmbH hingegen wächst.
Standardmäßig zeigt „Adblock Plus“ den Nutzern trotzdem ein bisschen Werbung an. Dabei handelt es sich jedoch um Anzeigen, die „Adblock“ für gut befunden hat, sogenannte „Acceptable Ads“. Aufgrund dieser steht die Firma derzeit unter Kritik, denn inwieweit die „Eyeo GmbH“ mit der undurchschaubaren Vorauswahl der „guten “und „bösen“ Anzeigen selbst Geld verdient, ist aktuell nicht bekannt.
Text: Nadine Weser. Grafik: The Noun Projekt.