Vom Sand verweht: die Bild-App

von | 16. Dezember 2010

Die Axel Springer AG möchte iPad-Nutzer für die digitale Bild zur Kasse bitten. Für das Tablet erschien Anfang Dezember eine kostenpflichtige App, gleichzeitig wurde die Website des Boulevard-Blatts für iPad-Zugriffe gesperrt.

Die Axel Springer AG möchte iPad-Nutzer für die digitale Bild zur Kasse bitten. Für das Tablet erschien Anfang Dezember eine kostenpflichtige App, gleichzeitig wurde die Website des Boulevard-Blatts für iPad-Zugriffe gesperrt.

Schwer muss das Leben als Bild-Zeitung sein. Nach einem Tag schon wird das Printprodukt beiseite gelegt, alt und unansehnlich ist es dann. Bestenfalls, denn womöglich wird Fisch in die Zeitung gewickelt. Obwohl sie den Fisch vielleicht nicht einmal sonderlich leiden kann. Ohnehin, so richtig mag niemand die Bild-Zeitung: Verleugnet, „Nein – ich lese so was doch nicht.“ Ein fader Beigeschmack, wenn keiner zugibt, einen gern zu haben.

Doch dafür hat der Axel Springer-Verlag eine Lösung: Die digitale Bild soll ihre wahren Freunde finden. Doch was sind denn Zeitung’s echte Freunde in der Internetepoche? Es sind die, die für Inhalte auch online im Kleingeldbeutel kramen. Die Umsetzung – ganz simpel. Man programmiere eine iPad-App und verriegele im Gegenzug die eigene Webseite für iPads. Einmal umrühren, fertig. Nun werden die Menschen in Strömen die App laden, um 79 Cent pro Ausgabe zu zahlen und damit 19 Cent mehr, als für ein gedrucktes Exemplar.

Wann hatte der Nutzer zuletzt so viel Spaß?

Das Boulevard-Blatt hat sogar schon einige Spiele vorbereitet. So muss die zahlende Kundschaft beispielsweise virtuellen Sand von einem Artikel fegen, um diesen lesen zu können. Doch wird das die Kumpanen wahrscheinlich nur so lange bei Laune halten, wie die Sandkästen der Republik überfroren sind. Ob im Sommer dann Schnee von den Texten geschaufelt werden muss ist noch unklar.

Abseits dessen zeigt die schöne neue iPad-Welt bereits hässliche schwarze Löcher. Durch diese lässt sich die Tablet-Sperre umgehen. Zu allem Übel dürfte das dem zahlungsunwilligen, falschen Freund noch nicht einmal schwer fallen. Es reicht aus, mit einem anderen als dem vorinstallierten Browser www.bild.de aufzurufen. Schon strahlen den User wie eh und je die vier weißen Buchstaben, eingebettet in ein rotes Rechteck, entgegen. War der ganze Spaß also ernst gemeint? Oder vertreibt sich bild.de derweil die Zeit mit Verstecken spielen? Eine gute Frage, wahrscheinlich kennt nur der SMS-Guru die Lösung. Doch der hielt sich gegenüber medienMITTWEIDA bedeckt – zugegebenermaßen wollten wir keine 1,99 Euro für eine ein- bis zweisätzige Antwort investieren. Das sind immerhin 2,518987 iPad-Bild.

Klar ist jedoch, dass sich die Axel Springer AG mit ihren Online-Strategien auf Erfolgskurs befindet. Schließlich sagt sie das oft genug. Auch die neuen Schritte setzt der Medienkonzern in die richtige Richtung. Durch die Sperrung der Bild-Seite für Apples Tablet, verliert der Verlag einhundert Prozent seiner iPad-Nutzer. Unter tausend Lesern finden sich wahrscheinlich nur zwei, die für die iPad-Version auch in die Tasche greifen wollen. Doch so einfach ist die Rechnung dann doch nicht, denn die Bild kann jetzt kräftig sparen. Zum einen bei den Servern – weniger Visits, weniger Anforderungen. Zum anderen an der Redaktion, denn wenn niemand die Inhalte anschaut[nbsp]– vom Lesen ganz zu Schweigen[nbsp]– brauchen sich die Bild-Leute bei deren Erstellung auch keine große Mühe machen. Dafür erscheint das Blatt digital bereits am Vorabend. Zum Glück haben sich die Macher nicht dazu entschlossen, die Zeitung von morgen schon zwei oder drei Tage früher online zu stellen. Denn dann wären sie ja auf das Terrain von Astro TV vorgestoßen. Eine ekelhafte Schlammschlacht hätte das gegeben. Oder Sandschlacht?

<h3>Marcel Fröbe</h3>

Marcel Fröbe