Was mache ich nach dem Studium und was ist in der Medienbranche gefragt? Dem sind wir beim „Medientreffpunkt Mitteldeutschland“ 2014 in Leipzig auf den Grund gegangen. Wir haben mit den Referenten gesprochen und spannende Tipps für euch gesammelt.
Ein strategisches und betriebswirtschaftliches Denken ist für diejenigen von Vorteil, die in der Medienbranche durchstarten wollen, aber jedoch keine Voraussetzung. Bei diesem Thema waren sich Felix Wesseler von „filmpool“ und Benjamin Ruth von „VICE Deutschland“ einig, die im Podiumsgespräch „Überall, jederzeit, universell – Medienunternehmen mit Zukunft?“ aufeinandertrafen. Das Lifestyle- und Jugendmagazin „VICE“ wählt nahezu grenzenlos immer neue Themen und bedient sowohl den Print- als auch den Online- und TV-Bereich. Laut Felix Wesseler und „VICE“ selbst bieten sie den Rezipienten authentisch und unverfälscht einen Einblick in die Situation. Ihr Erfolg kommt zum einen daher, dass sie sich nicht verbiegen, durchaus auch einmal Emotionen zeigen und ihre Meinung äußern. Außerdem sagen sie von sich selbst: „Wir wollen nicht alle ansprechen“, denn ihre Zielgruppe sind die jungen Leute.
Generalisten oder Experten?
Konzepte, die nahezu alle oben genannten Bereiche abdecken, erweisen sich wie im Fall von „VICE“, als großer Erfolg. Wo liegen da die Grenzen? Markus Kavka, Moderator von „Unicato“ beim MDR, sagte in einem Interview auf dem „Medientreffpunkt Mitteldeutschland“: „Ein bisschen Radio, ein bisschen Fernsehen, ein bisschen Online – und in drei Jahren ist eh alles eins.“ Wenn wirklich alles zu einem werden sollte, stellt sich die Frage: Sind heutzutage eher Spezialisten gefragt oder Leute, die das Gesamtpaket mitbringen?
Felix Wesseler, filmpool:
„Wir haben früher tatsächlich mehr mit Generalisten gearbeitet. Mittlerweile arbeiten wir mehr mit Experten, das heißt, wir haben unsere gesamte Produktion, man kann schon fast sagen leanmanagementmäßig aufgebaut, sodass die jeweiligen Leute in ihrem Bereich sehr, sehr spezialisiert sind. […] durch diese Aufteilung bekommen wir eine extreme Geschwindigkeit in der Produktion, die uns dann wiederum Kostenvorteile bietet.“
Junge Leute für junge Leute
Sie treiben voran, können sich besser in das junge Publikum hineinversetzen, setzen Stories natürlich um. Liegt da also unsere Chance? Beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk einsteigen, um das Programm auch für jüngere Leute interessanter zu gestalten?
Frank-Thomas Suppee, MDR BildungsCentrum:
„Sowohl jüngere als auch ältere Zuschauer wollen Themen in neuer Art und Weise aufbereitet haben. Sie wollen auch einen jungen, frischen Zugang auf die Themen haben, das heißt unabhängig davon, ob ein Angebot für jüngere oder ältere Nutzer gedacht ist, sind wir interessiert daran, dass es mit einem jungen Blickwinkel betrachtet wird und schon alleine daher haben junge Leute, die in den Medienbereich einsteigen, gute Chancen mit ihren Denkweisen, mit ihren Sichtweisen anzukommen.“
Dass sich vieles verändert und Jung und Alt noch an einem besseren Zusammenspiel arbeiten müssen, hat auch Markus Kavka festgestellt. Er meint hierzu: „Die gesamte Medienbranche ist im Umbruch. Die Leute, die schon lange dort arbeiten, wissen nicht mit dem Neuen umzugehen und die, die neu dazukommen, denen fehlt der Erfahrungsschatz. Es braucht wohl noch drei, vier, vielleicht auch fünf Jahre, bis sich die beiden Fraktionen auf eine Art und Weise vermischt haben, die den Beruf perspektivisch wieder spaßig macht.“
„Scripted Reality“ – Die Zukunft des Fernsehmarkts?
Die Medienbranche befindet sich in einem Umbruch und es stellt sich die Frage, wohin sich der Fernsehmarkt entwickelt. Liegt unsere Zukunft in „Scripted Reality“ wie zum Beispiel bei Formaten wie „Berlin Tag und Nacht“, das von „filmpool“ produziert wird? Felix Wesseler sagt dazu: „Ich denke, dass Scripted Entertainment, wie wir es nennen, Scripted Reality nennen es andere, eine Form des Fernsehens ist, die es auch in Zukunft geben wird. Ich glaube, dass das eine authentische Darstellungsform ist, die Zukunft hat.“
Internationalität als Voraussetzung?
„VICE“ ist bereits ein internationales Unternehmen und auch „filmpool“ strebt danach, internationaler zu werden. Diese Entwicklung ist in den letzten Jahren, laut Benjamin Ruth, Geschäftsführer VICE Deutschland, vor allem im digitalen Bereich zu beobachten gewesen. Werden zukünftig alle Unternehmen international? Benjamin Ruth vertritt die Meinung, dass es zwar mehr internationale Unternehmen geben wird, jedoch lokale und nationale Unternehmen in der Zukunft noch eine wichtige Bedeutung haben werden.
Sei offen für Neues und mach dich „unterscheidbar“
Man muss offen für Neues sein, sich damit beschäftigen wollen und ein crossmediales Grundverständnis haben, um erfolgreich zu sein. Andernfalls steht man heute schon vor Problemen und fünf bis zehn Jahre später ist man gar nicht mehr gefragt. Diese Kommentare fielen bei dem Podium „Online@work – Wege zum Traumberuf in der Medienbranche“, an dem unter anderem Kavka, Suppee und Daniel Große, ein freier Journalist, von dem einige der oben genannten Tipps stammen, teilnahmen. Frank-Thomas Suppee erklärte, wichtig sei, was du noch kannst, eine Sprache oder etwas, womit man sich von anderen abhebt. Dies kann die Eintrittskarte in den Medienbereich sein: „Macht euch unterscheidbar.“
Journalismus als brotlose Kunst?
Diese Aussage kennen wahrscheinlich viele von ihren Eltern, so auch Markus Kavka. Er hat sein Hobby zum Beruf gemacht und kann davon seine Miete zahlen. Das Wichtigste ist doch, etwas zu tun, was einem gefällt. Um herauszufinden was das ist, sind zum Beispiel Praktika eine gute Möglichkeit. Man muss sich selbst erproben und Erfahrungen sammeln, um herauszufinden, was man kann und was nicht, seine Stärken und Schwächen erkennen. Markus Kavka berichtete: „Grundsätzlich ist es aber so, dass man sich keinen Gefallen tut, wenn man sich zu früh zu sehr festlegt. Es spricht nichts dagegen, erst mal viele Dinge auszuprobieren.“ Frank-Thomas Suppee fügte im Gespräch mit medienMITTWEIDA hinzu: „ Wenn man aus einer Tür verwiesen wird, vielleicht nochmal in eine andere Tür hineingehen und sagen, hier bin ich wieder, ich hätte da noch eine Frage.“
Text: Jennifer Prinz, Linda Häusler. Bilder: Louisa Bandura. Grafik: Vanessa Schwaar.