18 Jahre „Domian“ – zum Jubiläum spricht Moderator Jürgen Domian über seine erfolgreiche Radio- und Fernsehtalkshow, bei 1LIVE und dem WDR. Im Interview mit medienMITTWEIDA spricht er über die anhaltende Beliebtheit seiner Sendung und sein im Laufe seiner Karriere verändertes Menschenbild.
Seine Hotline ist eine der gefragtesten Rufnummern der Republik – und das mitten in der Nacht. Dann widmet sich Moderator und Journalist Jürgen Domian alldem, was seine Anrufer bewegt: Glücksmomente, Trauerfälle oder Geständnisse. Mit jeder Menge Einfühlungsvermögen schenkt der 55-Jährige den Sorgen und Nöten der Hörer seine Aufmerksamkeit und steht ihnen mit Rat und Tat zur Seite. In der vergangenen Woche feierten Sender und Sendung ihre Volljährigkeit: 1LIVE und „Domian“ bereichern seit mittlerweile 18 Jahren die Radio- und Fernsehlandschaft. Für medienMITTWEIDA Grund genug, selbst einmal zum Hörer zu greifen.
Wie viel Überzeugungsarbeit war damals notwendig, eine solche Sendung – gerade mitten in der Nacht – zu starten?
Gar nicht so viel. Ich habe die Idee dem damaligen WDR-Intendanten Fritz Pleitgen vorgeschlagen und er hat ziemlich schnell grünes Licht gegeben. Er meinte, man könne es ja mal versuchen: Ein Mann, ein Telefon, ein Mikro und eine Kamera. Nach amerikanischem Vorbild. Die sehr späte Sendezeit ist damit zu erklären, dass damals ab ca. ein Uhr Nachts die Sendeplätze frei waren.
Trotz der augenscheinlich ungünstigen Sendezeit deines Talkformats, genießt „Domian“ heute eine enorme Beliebtheit in der Bevölkerung. Was denkst Du, woran das liegt?
Wir sind ohne Konkurrenz. Das hat mich all die Jahre gewundert. Mit wenig Geld besteht die Chance mit einem derartigen Format eine Marke zu etablieren. Offensichtlich trauen sich die anderen Sender nicht so recht. Denn natürlich muss man mit einer solchen Sendung auch immer wieder in Tabubereiche gehen. Davor haben die Verantwortlichen Angst.
Was bewegt die Anrufer Deiner Meinung nach, sich bei Dir zu melden, und nicht bei Psychologen oder Seelsorgern?
Ich glaube es liegt an der Vertrautheit. Durch die allnächtliche Präsenz bin ich für viele zu einer Art medialem Freund geworden. Man kann mich einschätzen und die Hemmschwelle sich zu äußern, ist dadurch ganz gering. Zudem wissen die Leute, dass sie bei uns ordentlich behandelt werden. Durch den Sender und eben auch durch die professionelle Nachbetreuung.
Wie hat das Social Web dabei den Zugang zu Deinen Hörern und Zuschauern verändert?
Ich bekomme jetzt viel schneller und direkter Rückmeldungen auf die Sendung. Wenn ich nachts nach Hause komme, schaue ich mir zum Beispiel die Kommentare zur Sendung auf meiner Facebook-Seite an. Das finde ich spannend. Auch die direkte Resonanz durch Twitter während der Sendung ist für uns hilfreich. Wobei natürlich auch viel Unfug gepostet wird. Man muss halt die Spreu vom Weizen trennen.
Vor wenigen Wochen warst Du aufgrund der unsauberen Methoden seitens Facebook vielfach im Gespräch. Hat dieser Vorfall Auswirkungen auf Deine künftigen Social Media Aktivitäten?
Nein, Facebook hat sich bei mir entschuldigt – somit ist die Sache für mich erledigt. Ich werde so weiter machen wie bisher.
Widmen wir uns konkret deiner Sendung: Durch die Schilderungen Deiner Anrufer erfährst Du die komplette Bandbreite des menschlichen Lebens – von höchstem Glück, über Ängste und Trauer, bis hin zu Grausamkeiten und Brutalität. Betrachtest Du die Menschen durch Deine Sendung anders als früher?
Ja, mein Menschenbild hat sich verändert. Ich bin kritischer und skeptischer geworden. Im Menschen liegt viel Böses. Allerdings lerne ich in meiner Sendung auch immer wieder extrem tapfere, ehrliche, selbstlose und mutige Menschen kennen. Das wiegt viel auf. Deshalb bin ich weit davon entfernt zum Zyniker zu werden.
Wie verarbeitest du dabei persönlich die psychische Last, die Dir täglich in den vielen Gesprächen aufgeladen wird?
Es gibt nach der Sendung immer eine einstündige Nachbesprechung, auch zusammen mit den Psychologen. Das tut gut und ist wichtig für die Verarbeitung. Dann allerdings fahre ich nach Hause und nehme die Sachen mit. Sehr ergreifende Themen und Anrufer behalte ich lange in Erinnerung. Ich empfinde das aber nicht als Belastung. Würde ich schnell alles professionell erledigen und zu den Akten legen, wäre ich der falsche Mann an diesem Platz.
Welcher bewegende Moment kommt Dir spontan in den Sinn?
Das ist schwer zu sagen. Spontan kommen mir viele Gespräche mit Sterbenden in Erinnerung. Ebenso Gespräche mit Menschen, die gerade einen Angehörigen verloren haben. Trotz aller Erfahrung sind das nach wie vor die Momente, die mich am meisten fordern und bewegen.
Gibt es auch Situationen, in denen Du bereust, was Du Anrufern gesagt beziehungsweise geraten hast?
Sehr selten. Wenn ich den Eindruck habe, etwas wirklich in eine falsche Richtung geleitet zu haben, rufe ich privat noch einmal an. Das ist in den 18 Jahren aber höchsten drei oder vier Mal vorgekommen.
Mit welchem Thema würde sich Domian an „Domian“ wenden?
Ich würde bei „Domian“ zu gesellschaftlichen und politischen Themen anrufen. Für die ganz persönlichen Angelegenheiten habe ich zwei sehr gute Freunde.
Du hast ein Buch geschrieben, bist seit 18 Jahren auf Sendung und ein Ende von „Domian“ scheint bislang nicht in Sicht. Wie sieht das nächste Kapitel in deinem Leben aus?
Ich will weiter Bücher schreiben, weiter mit den Leuten am Telefon sprechen und sehr gerne ein zusätzliches TV-Format moderieren, in dem ich die Menschen auch leibhaftig vor mir sehe.
Das Interview führte: Markus Linz. Bild: WDR. Bearbeitung: Susann Kreßner.