„Es ist sehr wichtig für Studenten, sehr früh in die Praxis zu gehen, aber die Theorie dabei nicht zu vernachlässigen“, sagte Birgit Horn, Dozentin für das Fach Public Affairs. Aus diesem Grund stellte sie den Kontakt zu Holger Krahmer her. Fast zwei Stunden referierte der Europaabgeordnete am 17. Juni 2011 und beantwortete die Fragen der Studenten. „Es war eine exzellent vorbereitete Veranstaltung auf sehr hohem Niveau“, lobte er die Masterstudenten.
Lobbyismus im Europäischen Parlament
Der gebürtige Leipziger ist seit 1993 Mitglied in der FDP und wurde im Juni 2004 in das Europäische Parlament gewählt. Dort ist er Mitglied im Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI). „Als Politiker ist es wichtig, sich für vieles gleichzeitig zu interessieren“, sagte Holger Krahmer. Er selbst fühlt sich als Allrounder, zweifelt aber an, dass es einen Politiker gibt, der sich in allen Themenbereichen auskennt. „Ich glaube, es kann niemanden geben, der im Detail über Binnenmarktsthemen im Verkehr, Grenzwerte in der Umwelt und Einwanderungsfragen informiert ist“.
Deshalb ist auch Holger Krahmer bei der politischen Entscheidungsfindung auf den Rat von Interessenvertretern angewiesen. „Es geht nur durch externe Beratung. Es ist nötig, sich die Praxis an den Tisch zu holen und das sind eben die Lobbyisten“. Davon gibt es in Brüssel genug. Derzeit sind im Europäischen Parlament 1.757 Interessenvertreter akkreditiert. „Ich erhalte täglich bis zu 400 Mails von Leuten, die versuchen, ihre Interessen an mich heranzutragen“, sagte Holger Krahmer. Es sei dabei wichtig, ein ausgewogenes Spektrum an Meinungen und Informationen einzuholen. Vorallem müsse jedem bewusst sein, dass die Lobbyisten eigene Interessen formulieren, so der Europaabgeordnete. „Irgendwann müssen dann Entscheidungen getroffen und vertreten werden. Doch eine endgültige Wahrheit gibt es nie“, sagt der Europaparlamentarier.
Keine Scheu vor sozialen Medien
Für die Masterstudenten war Holger Krahmers Einstellung zu sozialen Medien von besonderem Interesse. Der Politiker hat eine persönliche Website und ist in sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter aktiv. „Ich würde niemals auf die Idee kommen, dass jemand stellvertretend Aussagen für mich platziert. Das wäre unauthentisch und dann sollte man es lieber ganz lassen“, sagte er. „Das Internet ist eine Plattform, die man als Politiker nicht vernachlässigen, aber auch nicht überschätzen sollte. Es ermöglicht persönlichen Kontakt, der auf anderen Wegen nicht zustande gekommen wäre.“
Die Gesprächsrunde mit dem Europaparlamentarier richtete sich nur an die Masterstudiengänge “Information Communication and Science“ und “Industrial Management“. Die Studenten hatten im Rahmen des Moduls „Public Affairs“ Themenschwerpunkte für die Fragerunde erarbeitet. Mit den Ergebnissen war Mitorganisator Daniel Oestreich zufrieden. „Wer für Unternehmen arbeiten möchte, sollte wissen, wie er Gesetze beeinflussen und seine Interessen durchsetzen kann“, sagte er nach der Veranstaltung.