Parteien nutzen Social Networks nur zögerlich

von | 24. März 2011

Viele deutsche Parteien haben noch nicht verstanden, dass das Web 2.0 zum mitmachen auffordert. Sie engagieren sich zwar in sozialen Netzwerken, ihr Fokus liegt aber noch immer auf Wahlkampagnen im Fernsehen. Die Chance zum Gespräch mit den Internetnutzern wird meist verschenkt.

Parteien sollen nach dem Grundgesetz an der politischen Meinungsbildung mitwirken. Einige verstehen auch soziale Netzwerke als Kommunikationsweg, allerdings eher einseitig. „Lediglich wichtige Anlässe und Statements zu aktuellen Themen der Kommunalpolitik werden gepostet. Und dann auch höchstens eine Meldung am Tag, um nicht Gefahr zu laufen, von den eigenen Fans geblockt zu werden“, erklärt Martin Thoma, Kreisvorsitzender der Jungen Liberalen Chemnitz. „Uns geht es darum, die eigenen Mitglieder leichter zu erreichen und natürlich auch Interessenten über Themen und Veranstaltungen zu informieren.“

Möglichkeiten des Web 2.0 nicht ausreichend genutzt

Generell nutzen die Parteien die sozialen Netzwerke nur zögerlich, um besonders junge Politikinteressierte und Erstwähler zu erreichen. Ein möglicher Grund ist, dass die Kenntnis über die Instrumente von Social Media zu gering ist oder gänzlich fehlt. Letzte Woche verriet die sächsische CDU in einem Kommentar, dass sie mit den vielen Updates bei der Online-Plattform Facebook nicht zurechtkommt.

Martin Thoma weiß, dass Aktualität auch für Parteien eine der wichtigsten Regeln im Internet sein sollte: „Damit man nicht nur Aufmerksamkeit weckt, sondern sie auch behält.“ Dadurch sind Parteien auch unabhängiger von der Unterstützung etablierter Medien.

Politiker reagieren nur auf Bruchteil der geposteten Kritik

Viele beanstanden, dass die Politiker nur auf einen Bruchteil der Fragen reagieren. Vor allem kritische Äußerungen werden meist nicht beantwortet oder sogar gelöscht. Die Parteien dürften das freilich anders sehen. „Gerade wenn es darum geht, mit den Fans und Mitgliedern über verschiedene Themen zu diskutieren, sind wir für alles offen. Das zeigt uns, das Interesse an unserem Onlineauftritt besteht“, sagt Thoma. Viele Nutzer haben ohnehin Bedenken, ihre politischen Überzeugungen wirklich öffentlich zu machen.

„Eine eigene Facebook-Seite, ab und an bei Youtube ins Internet sprechen und vielleicht ein eigenes Blog oder ein Twitter-Account werden zur Standardausstattung aller halbwegs motivierten Kandidatinnen und Kandidaten für politische Mandate gehören“, prophezeit der Blogger Markus Beckedahl. Noch sieht es anders aus. Die „taz“ sah schon im Wahlkampf 2009 das größte Problem der Parteien darin, dass sie das Web 2.0 als einseitigen Kommunikationsweg sehen. Bei einigen Parteien haben sich seitdem offenbar nur marginale Änderungen ergeben. Gerade im „Mitmachinternet“ seien zu viele von ihnen nicht ernsthaft an einem Informationsaustausch mit anderen Usern – und damit potentiellen Wählern – interessiert.

Es gibt aber durchaus aktive Parteien im Netz. Bündnis 90/Die Grünen rufen zum Beispiel derzeit über Facebook zu deutschlandweiten Anti-Atom-Demos auf. Die Partei sieht in Social Networks aber nicht nur eine Kontaktmöglichkeit zu ihren Wählern. Erst kürzlich haben die Grünen auf Facebook Stellenangebote veröffentlicht. Die Piratenpartei veröffentlichte in den letzten zwei Monaten täglich, die FDP Sachsen immerhin wöchentlich Infos auf ihrer Pinnwand.

<h3>Sandra Möllentin</h3>

Sandra Möllentin