Bitcoin-Boom

Was steckt hinter der Währung der Zukunft?

von | 7. Juni 2018

Die Kryptowährung Bitcoin ist in aller Munde, aber wie entsteht eigentlich so eine Blockchain?

Fast scheint es so, als sei in der digitalen Welt alles möglich: „Bitcoin“ heißt das Zauberwort, das in den vergangenen Monaten die Nachrichten beherrschte. Aber was steckt überhaupt hinter dem Boom um den Bitcoin? Werden Kryptowährungen wie Bitcoin und deren Technologie unsere Zukunft verändern? Oder ist es vielleicht doch nur eine neue Spekulationsblase, die früher oder später platzen wird?

Als Mario Oettler vor etwa sieben Jahren zum ersten Mal von Bitcoin hörte, war er noch nicht sonderlich überzeugt. Damals kam Professor Ittner ins Büro und sagte: „Da ist was ganz Interessantes: Blockchain, Bitcoin …“, erinnert sich der wissenschaftliche Mitarbeiter der Hochschule Mittweida an die erste Begegnung mit Kryptowährungen. Damals hat er nur lächelnd abgewunken. Das Ganze klang damals eher weit hergeholt als wirklich realistisch – und wer hätte schon gedacht, dass sich der Bitcoin so entwickelt. Tatsächlich blieb es dann erst einmal eine Weile ruhig, bis Mario sich dann intensiver mit dem Thema auseinander gesetzt und gemerkt hat, dass das ja doch eine spannende Sache ist.

Aber wie fängt man am besten an, diese „Sache“ zu verstehen, um die sich so manche Nachrichten drehen? Bitcoin ist genau das, was es im englischen Wortsinn heißt – frei übersetzt also eine „digitale Münze“. Dabei ist Bitcoin wohl die bekannteste und größte digitale Währung überhaupt. Ein dezentrales, regierungsunabhängiges Zahlungsmittel, welches es seit 2009 gibt. Aber Bitcoin ist außerdem der Name einer Blockchain. In einer Blockchain werden alle Transaktionen gespeichert. Dafür werden für einen bestimmten Zeitraum Blöcke erstellt, die dann aneinander gereiht werden. Dadurch entsteht eine Kette, die jeder einsehen kann. Die Transaktionen, die auf der Blockchain gespeichert sind, können damit nachträglich nicht geändert werden. Die Sicherheit, die durch dieses System entsteht, verbunden mit der Dezentralisierung, macht die Technologie einzigartig. Bei einer Blockchain braucht man keine dritte Instanz, beispielsweise keine Bank, über die das Geschäft laufen muss. Darin sieht Mario Oettler auch den großen Vorteil des Systems. „Bis jetzt braucht man immer eine vertrauenswürdige dritte Stelle und das geht jetzt auch ohne. Sogar schneller“, erzählt er.

Die Goldschürfer im System

Um diese Schnelligkeit zu gewährleisten, fehlt noch eine wichtige Konstante, die es überhaupt erst möglich macht, dass eine Blockchain funktioniert. Die sogenannten Miner, die Goldschürfer. Meist sind diese riesige Rechner, die mit einer noch größeren Leistung die Transaktionen im Netzwerk bestätigen, praktisch einen Block erstellen und dafür mit Bitcoin entlohnt werden. Um diese Belohnung zu erhalten, konkurrieren die Miner untereinander. Die Aufgaben, die die Rechner dabei lösen müssen, um den Block zu erstellen, werden jedoch immer schwieriger. Das hat einen recht einfachen Grund. Anders als bei normalen Währungssystemen, bei denen Banken bei Bedarf mehr Geld drucken, ist das bei Bitcoin nicht möglich. Insgesamt sind 21 Millionen Einheiten festgelegt – das erscheint auf den ersten Blick viel. Wenn man jedoch bedenkt, dass Ende Januar 2018 schon rund 17 Millionen Bitcoin im Umlauf waren, wird das Problem deutlich. Das Mining wird schwerer, damit nicht innerhalb weniger Stunden alle Bitcoin geschürft sind und ein neuer Block nur aller zehn Minuten entsteht. Um die schwereren Aufgaben zu lösen, verbrauchen die Miner Unmengen an Energie.

Laut einer Statistik des britischen Vergleichsservice für Stromtarife „PowerCompare“ war der Stromverbrauch für das Bitcoin-Mining 2017 höher als der Durchschnittsverbrauch von fast 160 Ländern. Darunter auch Irland, Ungarn und die meisten afrikanischen Länder.

Die Transaktionen verbrauchen also immer höhere Strommengen. Um sie trotzdem abwickeln zu können, findet ein Großteil des Minings in China statt, wo die Kosten günstiger sind. Natürlich muss man darauf achten, wo die Energie herkommt. Mario Oettler sieht den großen Energieverbrauch deshalb als einen Nachteil, der sich leicht ausmerzen lasse. Solang der Strom aus erneuerbaren Energien stamme, sei das kein Problem: „Man sagt zwar immer, es wird nichts dabei produziert, aber es wird etwas produziert. Etwas, das man nicht anfassen kann, nämlich das Vertrauen in die Stabilität des Netzwerkes.“

Spring auf, auf den Hype-Train!

Ohne Vertrauen kann eine Blockchain nicht bestehen. Erst durch die Menschen, die den Kryptowährungen einen Wert geben, funktioniert das System. Viele sind von den neuen Möglichkeiten begeistert. Viele springen auf den Zug auf, sind neugierig und wollen sich ansehen, wie das funktioniert.

Auch Alexander Engelsberger interessiert sich für die Materie. Als Student der „Angewandten Mathematik“ an der Hochschule Mittweida kennt er sich mit Kryptografie aus, weiß also auch über die technischen Hintergründe Bescheid. Vor einigen Monaten hat er selbst noch ein wenig mit Kryptowährungen gehandelt. Aber nur zum Spaß und mit geringen Summen. In Jogginghosen saß er vor seinem Laptop, hatte sich die erstbeste Seite gesucht, auf der man handeln konnte. Der Handel an sich sei nicht sehr spektakulär – aber die technische Raffinesse dahinter umso mehr. Im Dezember letzten Jahres hat er schließlich verkauft. Der Kurs von Bitcoin war um fast 50 Prozent gesunken, ein richtiger Crash. Innerhalb kürzester Zeit von fast 20.000 Dollar auf 10.000 Dollar runter. Solche extremen Schwankungen sind für Kryptowährungen, vor allem auch für Bitcoin, nicht ungewöhnlich. „Bitcoin hat eine Menge Kinderkrankheiten. Eben auch, weil es die erste funktionierende Blockchain ist“, sagt Alexander. Die immensen Wertschwankungen gehören dazu. Gründe für den Crash im Dezember gibt vermutlich unzählige. So stark, wie der Wert gestiegen war, wollten einige vielleicht einfach ihren Gewinn mitnehmen. Dadurch sank der Kurs und andere Anlieger bekamen eventuell Angst und verkauften ebenfalls.

Neben diesen Spekulationen ist jedoch sicher, dass in dieser Zeit Regulierungen des Marktes in China eingeleitet wurden. China verabschiedete ein Gesetz, dass es verbietet, mit Kryptowährungen zu handeln – außer innerhalb des eigenen Landes. Die Regierung hätte Bedenken wegen des hohen Stromverbrauchs und des finanziellen Risikos. Regierungen gehen bis jetzt sehr unterschiedlich mit dem Thema Kryptowährungen um. Manche verbieten sie vollkommen oder versuchen, sie zu regulieren, und andere haben sich noch gar nicht geäußert. Natürlich sind Kryptowährungen ein brisantes Thema, denn geltende Gesetze dürfen trotzdem nicht übergangen werden.

Die Zukunft im Auge der Technik

Die Zukunft wird zeigen, inwiefern sich Blockchain oder Kryptowährungen in unserem Alltag einbringen werden. Alexander, der den Kurs von Bitcoin noch immer verfolgt, sieht vor allem bei Kryptowährungen weniger Erfolg. „Bitcoin wird irgendwann nur noch rumdümpeln“, meint der Student, „aber mit einer Blockchain sind Menschen plötzlich bereit, Technologie bei Dingen einzusetzen, wo sie vorher keine gebraucht haben.“ So könnte es in Zukunft zum Beispiel intelligente Türschlösser geben, die sich erst öffnen, wenn man an ihr Konto Geld überwiesen hat. Allgemein hat die Blockchain mehr Anwendungen als nur das Handeln mit Kryptowährungen. Mario Oettler forscht im Blockchain Institut der Hochschule Mittweida ebenfalls an den Verbindungen von Blockchain mit Maschinen.

Überall, wo es Register gibt, wo etwas gespeichert werden muss, kann das System Anwendung finden. Mit der Dezentralisierung kann Vertrauen gegenüber der digitalen Welt aufgebaut werden. Die Blockchain wird die Digitalisierung vorantreiben, da sind sich beide Männer einig. Bis es aber so weit ist, dass Maschinen ihre eigene Wartung bezahlen oder Türschlösser intelligent werden, wird noch Zeit ins Land gehen. „Das ist ähnlich wie mit dem Internet. Da war auch am Anfang der Hype und dann hat es relativ lang gedauert, bis sich das im Mainstream durchgesetzt hat“, vergleicht Mario die Situation. Die Technologie rund um die Blockchain wird sich weiterentwickeln, aber bis wir sie im Alltag wiederfinden, werden noch viele Bitcoin geschürft werden.

Text: Ellen Schulze, Foto: Laura Fischer/Nathalie Naumann
<h3>Elisa Raßmus</h3>

Elisa Raßmus

ist 24 Jahre alt. Sie studiert im 5. Semester Medienmanagement mit der Vertiefung Journalismus. Seit 2016 arbeitet sie nebenbei in der Onlineredaktion bei der Freien Presse in Chemnitz. Außerdem hat sie sich für ein Volontariat bei der Mitteldeutschen Journalistenschule entschieden. Dieses läuft seit dem Sommersemester 2018 parallel zum regulären Studium. Seit April 2018 betreut sie das Ressort Story als Ressortleiterin bei medienMITTWEIDA.