Preisbindung blockiert E-Books

von | 15. November 2010

Im Gegensatz zum amerikanischen E-Book-Markt ist das deutsche Pendant nur gering entwickelt. Die Verleger klammern sich noch an die althergebrachten Produkte und beharren auf der Buchpreisbindung.

In den angelsächsischen Ländern hat der E-Book-Vertrieb bereits einen höheren Anteil beim Bücherumsatz, als die klassischen Hardcover-Einbände. Allein in den USA hat der E-Book-Verkauf die gebundenen Ausgaben im zahlenmäßigen Absatz bereits überholt. So meldet Branchenführer Amazon, der mit seinem E-Book-Reader „Kindle“ in den Vereinigten Staaten auch den Markt bei den Lesegeräten dominiert, dass auf 100 abgesetzte Hardcover 180 verkaufte E-Books kommen.

In Deutschland wird ein Preisvorteil von E-Books, der sich aus niedrigeren Herstellungskosten ergeben würde, gegenwärtig durch das Buchpreisbinsungsgesetz verhindert. Das Börsenblatt des Deutschen Buchhandels hat die Buchpreisbindung auf die E-Books übertragen. Diese existiert seit 1888 und verpflichtet die Verlage den Preis für den Verkauf eines Buches an den Endabnehmer einheitlich festzusetzen. Ziel ist es, die Meinungsvielfalt im deutschen Buchmarkt zu erhalten. Dabei steht das Buch als wichtiges Kulturgut im Mittelpunkt. Es dient dem Schutz und der Sicherstellung einer Vielzahl und Vielfalt an Büchertiteln.

Unterschiedliche Mehrwertsteuersätze

Neben der Buchpreisbindung ist auch der unterschiedliche Mehrwertsteuersatz für den geringen Absatz der elektronischen Bücher verantwortlich. Während gedruckte Ausgaben mit sieben Prozent besteuert werden, sind für E-Books in Deutschland 19 Prozent Mehrwertsteuer fällig. Das schlägt sich auf den Endverkaufspreis nieder. Durchschnittlich kostet die digitale Ausgabe eines Hardcover-Bestsellers rund 15,50 Euro und ist damit etwa drei Euro billiger als das gebundene Buch. Bei Taschenbüchern ist der Preisvorteil noch geringer. Bei einem Durchschnittspreis von rund 9,20 Euro beträgt er etwa 40 Cent, so eine kommerzielle Studie der PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (PwC).

Noch können sich die deutschen Print-Verlage also behaupten. Die Verlage und Druckereien fürchten Internet-Tauschplattformen und den inflationären Anstieg von Raubkopien. Die Parallele zum Musikmarkt mit den einbrechenden CD-Verkäufen deutet sich auch für den Büchermarkt an. Eine ganze Branche wehrt sich gegen die offene Preisbildung bei E-Books und sieht trotzdem in eine ungewisse Zukunft.

Buchpreisbindung – Fluch oder Segen?

Doch ist es wirklich der „stolze Preis des E-Books“, wie es „DIE ZEIT“ formuliert, der den Absatz und damit eine schnellere Entwicklung des E-Book-Marktes in Deutschland verhindert? Oder ist es „der Schuss in den eigenen Fuß“ nach Ansicht des „SPIEGEL“, der ebenfalls den blockierten Markt moniert? „DER SPIEGEL“ prognostiziert, die Buchpreisbindung werde durch das Internet obsolet. Demnach werde der deutsche E-Book-Markt gegen ausländische Onlinevertriebsangebote zukünftig auf verlorenem Posten stehen. Es sei nur eine Frage der Zeit wann diese deutschsprachige E-Book-Titel in ihr Angebot übernehmen.

Eine genaue Prognose ist aus heutiger Sicht schwierig. Das Institut für Demoskopie Allensbach erhob in seiner neuesten Allensbacher Computer- und Technik-Analyse ACTA 2010, dass E-Books fast acht Millionen potenzielle Leser in Deutschland erreichen könnten. Der Markt ist demnach da. Wo liegen dann aber die Zugangsschranken? Einerseits wissen große Teile der Verbraucher schlichtweg nicht, was E-Books überhaupt sind. Für andere sind es die elektronischen Lesegeräte (E-Reader). Ob i-Pad oder Amazons E-Reader Kindle – Beide sind noch verhältnismäßig teuer in der Anschaffung.

Geringes Angebot

Dagegen ist das Angebot an verfügbaren E-Books vergleichbar gering, so die PwC-Studie. Nur acht Prozent aller lieferbaren Bücher seien als deutschsprachiges E-Book in Deutschland überhaupt erhältlich. Das entspricht etwa 100.000 verschiedenen Titeln, wovon aber nur 8.000 Titel im offenen ePUB-Format existieren, die alle E-Reader darstellen können. Für das Jahr 2010 wird deshalb nur ein Umsatz von 20 Millionen Euro für Belletristik in der deutschen E-Book-Branche erwartet. Es bleibt also spannend, wie schnell sich das E-Book auch in Deutschland etablieren wird. Die PwC-Studie wagt eine Umsatzprognose für das Jahr 2015. Immerhin 350 Millionen Euro sollen es im Bereich Belletristik sein, was einem Marktanteil von 6,3 Prozent bei Büchern entspräche.

<h3>Holger Schuchardt</h3>

Holger Schuchardt