Horror im Escaperoom
The Butcher
Auf der Flucht vor dem Serienmörder. Titelbild: Ellen Schulze
Ich spähe in den von Dunkelheit durchtränkten Raum. Es ist kalt und feucht – ich fröstle. Irgendwo tropft es von der Decke und ich könnte schwören, dass sich dort hinten in der Ecke gerade etwas bewegt hat. Der Raum sieht aus wie ein Keller, der schon lang nicht mehr benutzt wurde. Einige Schränke stehen an den Wänden, ein großer Tisch – und ist das vor mir der Duschvorhang einer Badewanne?
An einer Wand spiegelt etwas das Licht einer kleinen Lampe wider. Das sieht aus … wie die Schneide einer Axt. Ein beklemmendes Gefühl zieht sich durch meinen Körper. Ich bin nicht allein. Drei weitere Mädchen frieren neben mir.
Wo bin ich?
Metall klirrt, als ich mich auf den unbequemen Holzpaletten bewege. Viel Bewegungsfreiheit gibt es nicht. Mit Handschellen bin ich hinter dem Rücken gefesselt, das kalte Eisen scheuert an meinen Handgelenken. Mir bleibt nichts anderes übrig, als zu warten. Rufen ist zwecklos. Hier hört uns keiner.
Plötzlich öffnet sich mit einem Knarzen die Tür und ein Lichtstrahl fällt uns entgegen.
Gefesselt in Handschellen – live im Horror-Escaperoom. Video: Escape Adventure Freiberg (EAF)
Was will dieser Typ von uns? Wurden wir von ihm gekidnappt? Ein verrückt gewordener Metzger mit Schweinemaske – besser hätten wir es wirklich nicht treffen können! Aber, viel wichtiger: Er ist weg – vorerst. Wir müssen es schaffen, uns zu befreien. Die Zeit läuft. Bis der Metzger zurückkommt, bleibt uns gerade Mal eine Stunde.
Eine Stunde voller Spannung. 60 Minuten purer Nervenkitzel. 3.600 Sekunden lang Geheimnisse, Rätsel, Codes und mehr. Das ist das Konzept sogenannter Escaperooms: Eine Gruppe wird in einem Raum eingeschlossen und hat eine Stunde Zeit, um den Ausgang zu finden. Der Trend ist in den letzten Jahren nach Deutschland geschwappt, nachdem die ersten „Flucht-Räume“ in Japan entstanden waren. Egal ob Labor, Gefängnis oder eben Horror – jeder Raum ist einzigartig.
Der Serienkiller ist los
So auch der Escaperoom in Freiberg. Das Team der „Escape Adventure Freiberg“ (EAF) öffnete 2018 seine Türen und lässt unter dem Thema „Komm Schweinchen, Schweinchen“ einen Serienkiller auf die Spieler los. Ein ausschlaggebender Meilenstein in der Verwirklichung des Raumes war der Freiberger Gründerpreis. Das Team um die EAF-Gründer Steven Bartram, Alexander Seibt und Arno Pfefferling gewann 2017 den Preis und wurde durch die Stadt bei der Finanzierung und der Immobiliensuche unterstützt.
Seitdem hat sich viel getan. Der erste Themenraum macht dem Genre Horror alle Ehre und die nächsten Räume sind schon in Planung. Noch im Februar soll der zweite Raum „Redaktionsschluss“ eröffnet werden. Dann wird es eine Kriminalstory ganz im Sinne von Sherlock Holmes, Hercule Poirot oder Miss Marple zu lösen geben. Und der Serienkiller „The Butcher“ wird nicht mehr allein in der Thielestraße sein Unwesen treiben.
Einblicke in den Escaperoom in Freiberg. Fotos: Ellen Schulze
Spannung liegt in der Luft, ist förmlich greifbar. Eine Stunde klingt lang, aber ich weiß, wie schnell Zeit wirklich vergehen kann. Während wir den Raum untersuchen, verschiedene Schlösser und Codes finden, die wir jedoch noch nicht zuordnen können, fühle ich mich voller Energie. Ich will die Rätsel unbedingt knacken und habe gleichzeitig Angst, dass uns die Zeit ausgeht.
Meine Hände schwitzen, obwohl es recht kühl in dem Escaperoom ist. Gleichzeitig zittere ich ein wenig und spüre, dass ich angespannt bin. Nur die Nerven und einen kühlen Kopf bewahren. Aber das ist gar nicht so einfach. Mein Gehirn scheint auf Hochtouren zu laufen und spuckt immer wieder die skurrilsten Ideen aus, um ein Rätsel zu lösen oder einen Hinweis zu finden. Ist auf dem Badvorhang vielleicht irgendeine versteckte Botschaft hinterlassen? Oder kann man mit der Büroklammer vielleicht ein paar Schlösser knacken?
Angst in ihrer besten Form: Nervenkitzel.
Das Escaperoom-Abenteuer im Zeitraffer. Video: Escape Adventure Freiberg
Der Countdown beginnt
Ich bin der Meinung, dass wir ganz gut vorankommen. Wir hatten einen etwas schwierigen Start, aber danach haben wir uns Schritt für Schritt durch den Raum gearbeitet. Trotzdem bildet sich langsam aber sicher ein Knoten in meinem Magen. Es gibt einige Rätsel, die wir noch nicht lösen konnten. Was ist zum Beispiel mit dem –
Plötzlich beginnt ein Countdown. Zehn, Neun, Acht.
Die Stunde ist wirklich schon rum? So schnell?
Sieben, Sechs, Fünf.
Wie kann das sein? Wir haben doch gerade erst angefangen!
Vier, Drei.
Stopp! Wir sind noch nicht so weit!
Zwei.
Was passiert jetzt? Sollte ich mich hinter der Badewanne verstecken?
Eins.
Vielleicht hat der Metzger uns ja vergessen?
Null.
Die Tür öffnet sich mit dem vertrauten Knarzen.
Text: Ellen Schulze, Titelbild und Fotos: Ellen Schulze, Videos: Escape Adventure Freiberg, Schnitt: Ellen Schulze