Alternativen zur Fast Fashion
Wie entkomme ich dem Modewahnsinn?
Es gibt viele Möglichkeiten, um sich der schnelllebigen Modewelt entgegenzusetzen. Zusammengefasst werden die Maßnahmen unter dem Begriff Slow Fashion. Bilder: Corinna Saegeling
Fast Fashion ist weit verbreitet. Die Gründe dafür sind bekannt: Niedrige Preise, eine große Auswahl und ständig wechselnde Angebote sprechen für sich. Zusätzlich sind viele Verbraucher der Meinung, dass Alternativen schlichtweg zu teuer sind oder unästhetisch wirken. Obwohl auch die Probleme der Fast Fashion Industrie weitgehend bekannt sind, scheinen viele keinen sinnvollen Ausweg zu sehen. Doch den gibt es.
Die Lösung lautet: Slow Fashion. Der Begriff stammt aus einer Bewegung, deren allgemeines Anliegen es ist, das gesamte Leben langsamer, verantwortungsvoller und rücksichtsvoller zu vollbringen. Im Bezug auf Mode handelt es sich um das bewusste Entscheiden für nachhaltige Kleidung. Der respektvolle Umgang mit der Menschheit und der Natur stehen primär im Vordergrund.
Für die Umsetzung gibt es zahlreiche Möglichkeiten. Einige davon sollen nun vorgestellt werden.
Secondhand gegen Überproduktion
Eine recht bekannte Lösung ist das Kaufen von Secondhand Mode. Heutzutage gehen die Möglichkeiten allerdings durchaus über normale Läden, deren Image schon etwas angestaubt ist, hinaus. Apps wie Ebay Kleinanzeigen, Kleiderkreisel oder Shpock machen das Verkaufen und Erwerben für den Nutzer extrem leicht. Ungewollte Klamotten müssen lediglich fotografiert und kurz beschrieben werden und schon können zahlreiche Andere das Stück für wenig Geld erwerben.
Eine andere Variante stellen Kleidertauschaktionen mit Freunden dar. Hierbei werden Kleidungsstücke für einen beliebigen Zeitraum mit anderen Personen ausgetauscht. Die meisten Leute haben so volle Kleiderschränke, dass es gar nicht auffällt, wenn das ein oder andere Teil für kurze Zeit seinen Besitzer wechselt und im besten Fall kommt stattdessen auch etwas neues dazu. Besonders für Personen, die festliche Kleidung für ein einmaliges Event benötigen, bieten sich auch Kleidungsverleihe an. Dort wird Festmode für einen einzelnen Abend verliehen. Inzwischen gibt es aber auch Unternehmen, die Kleidung über einen längeren Zeitraum und saisonabhängig verleihen.
Die Vorteile von Secondhand Mode erschließen sich schnell. Kleidung, die nicht mehr gebraucht wird, kann unkompliziert einen neuen Besitzer finden, anstatt auf dem Müll zu landen. Die Überproduktion wird somit zumindest teilweise begrenzt.
Nicht Shoppen ist auch eine Lösung
Um einiges radikaler auf dem Weg zu nachhaltigem Modekonsum sind sogenannte „Shopping Bans“. Gemeint ist der komplette Verzicht auf das Einkaufen von Kleidung für einen bestimmten Zeitraum. Effektiv ist diese Methode in jedem Fall, um der Fast Fashion entgegen zu treten. Allerdings darf die „Diät“ nach Beendigung nicht zu einem übermäßigem Kaufrausch führen. Widersteht man diesem Bedürfnis allerdings, wird man sich nach kurzer Zeit mit den kleineren Dingen des Lebens zufrieden geben und weniger dem Konsum ergeben sein.
Eine weitere Methode, bei der auf das neue Kaufen von Kleidung vollständig verzichtet wird, ist das Wiederverwenden und Umgestalten von bereits vorhandenen Klamotten. Unterschieden wird in Recycling und Upcycling. Mit Recycling ist allgemein das Wiederverwerten und die erneute Nutzung von Material gemeint. Anstatt ein kaputtes Kleidungsstück einfach wegzuschmeißen, kann es nochmal repariert werden. Löcher können gestopft, Knöpfe neu angenäht und Reißverschlüsse ausgewechselt werden. Preislich gesehen ist das um einiges günstiger als ein Neukauf und dem Kleidungsstück wird eine zweite Chance gegeben. Beim Upcycling dagegen geht es ums Aufwerten der Kleidung. Noch funktionierende Kleidung wird mit Hilfe von Kreativität und wenigen zusätzlichen Materialien verändert, so dass sie durch ganz neues Aussehen und teilweise auch veränderte Funktionalität überzeugt. Anregungen sind in den sozialen Medien, wie Youtube, Pinterest oder Instagram in unterschiedlichsten Ausführungen anzutreffen.
Ökologisch, sozial und fair
Wer hingegen nicht auf das Kaufen neuer Kleidung verzichten möchte, kann zumindest darauf achten, was er kauft. Es gibt zahlreiche Siegel die Nachhaltigkeit, faire Produktion oder Ähnliches versprechen. Aber nicht alle halten das, was sie zusichern. Wir stellen die Wichtigsten im Bezug auf nachhaltige Mode vor.
Bei jedem Siegel liegt der Schwerpunkt auf einem anderen Aspekt. Deswegen ist es sinnvoll, die genaue Bedeutung zu wissen. Datenquelle: der blaue Engel, Fairtraide Siegel, Fair Wear Foundation, GOTS, IVN, Made in Green Siegel, Öko Tex Standard 100
Mythos Altkleidercontainer
Eine weitere Möglichkeit, um dem Kleiderschrank zu entlasten und unbenutzte Stücken doch noch einen Sinn zu verleihen, sind Altkleidercontainer. Das System klingt auf den ersten Blick sinnvoll: Ungenutzte Kleidung in gutem Zustand wird an bedürftige Menschen gespendet und bekommt somit eine weitere Chance getragen zu werden. Dieser Version glaubt der Großteil der deutschen Bevölkerung, denn 73 Prozent der Kleidung, die nicht mehr gefällt, landet in Altkleidercontainern. Allerdings wird nur ein geringer Teil der Spenden tatsächlich direkt weitergegeben. In den letzten Jahren kamen immer wieder Vorwürfe auf, dass die Altkleider entgegen allen Annahmen, nur als Profitmittel verwendet werden, denn der Großteil aller Spenden wird verkauft. Die besten Stücke bleiben in Secondhand-Läden in Deutschland. Der Rest wird ins Ausland geschafft. Circa 60 Prozent der Altkleider finden so ihren Weg auf südamerikanische oder afrikanische Märkte. Folgen dieser Verlagerung können Schädigungen der lokalen Textilindustrie sein, denn die Kleidung ist billiger als ansässig produzierte Ware. Der wahren Funktion der Kleiderspenden kamen im Jahr 2011 Reporter des Norddeutschen Rundfunks auf die Spuren. Sie klagen in ihrer Reportage „die Altkleiderlüge“ die totale Zerstörung von regionalen Kleidungsunternehmen in Entwicklungsländern an. Besonders das Deutsche Rote Kreuz musste sich mit starken Anschuldigungen auseinandersetzen. Daraufhin erklärten diese, dass die gespendete Kleidung tatsächlich nur zum Teil an Bedürftige weitergegeben wird. Der andere Teil wird verkauft. Allerdings wird das erwirtschaftete Geld wiederum in soziale Projekte investiert. Die Kleidung bringt also trotzdem Hilfe, auf Umwegen.
Grundsätzlich kann nicht genutzte Kleidung also trotzdem in den Container geworfen werden, denn verkaufte Ware ist immer noch besser als Verbrannte. Trotzdem sollte auf die Art des Containers geachtet werden. Unzählige Unternehmen stellen ihre Altkleidersammlungen illegal auf. Diese Spenden werden komplett verkauft. Die Einnahmen gehen, im Gegensatz zu denen von Hilfsorganisationen, vollständig in die eigene Tasche. Ein Aufkleber des Dachverbandes für gemeinnützige Altkleidersammler in Deutschland „FairWertung“ macht alle seriösen Sammelbehälter erkenntlich.
Fast Fashion muss also nicht die Lösung sein. Es gibt zahlreiche Alternativen, die alle durch geringe Kosten überzeugen. Außerdem ist die Auswahl inzwischen so vielfältig, dass wirklich jeder Modegeschmack mit Slow Fashion getroffen werden kann. Vorrausetzung ist nur der Wille, der ausbeutenden Fast Fashion Industrie endlich zu entkommen.
Text, Bilder, Grafiken: Corinna Saegeling
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