Journalisten agieren in einem Spannungsfeld aus Wahrheit und Verkaufsstrategie. Klar, dass auch gegenüber dieser Berufsgruppe gewisse Vorurteile herrschen. Aber woher kommen die eigentlich genau? Und vor allem: Wie kann gegen sie angeschrieben werden?
Das Bild eines nach spektakulären Geschichten suchenden Journalisten wird schon kleinsten Kindern vermittelt. Sie erinnern sich noch an Karla Kolumna, die rasende Reporterin aus den Benjamin Blümchen- und Bibi Blocksberg-Geschichten? Sensationsbegeistert ist sie im fiktiven Städtchen Neustadt hinter jeder Neuigkeit her und auch der etwas zweifelhafte Bürgermeister bleibt von ihren Sensationsberichten nicht verschont. Karla Kolumna ist nicht das Symbol des objektiven Journalismus, sie setzt sich ein für die Dinge, die sie für unterstützenswert hält: Den Neustädter Zoo oder eine zu fällende Eiche. Sie nutzt ihre Kommunikationsmacht bewusst aus, könnte man sagen.
Journalisten im Film: Arbeitseifer versus Skrupellosigkeit
In dieses Schema passt auch die Science-Fiction-Satire Mars Attacs. Wobei, Marsianer? Nein, es geht um das Fernsehmoderatorenpaar Michael J. Fox und Sarah Jessica Parker. Die haben da mitgespielt? Ja, und sogar sehr einprägsam für das Spannungsverhältnis, in dem Journalisten agieren. Der seriöse Nachrichtenreporter konkurriert mit der Klatschjournalistin. Das Interview bekommt sie. Das sollte uns zu denken geben.
Stefan Plöchinger, Chefredakteur des Webportals der Süddeutschen, weiß, dass das öffentliche Verständnis von Journalisten vermutlich am Stärksten durch Filme und Berichte über Exzesse innerhalb der Branche geprägt wird. So unterscheidet Plöchinger zwei typisch auftretende Rollenbilder: „Zwischen hart arbeitendem Rechercheur und skrupellosem Menschenvernichter.“
Und nicht nur Hollywood vermittelt diese Sichtweise, viele Berufskollegen nähren das Bild des nur an die Zahlen denkenden Sensationsrepoters. Während des täglichen Blicks ins Internet sieht der User oft genug zahlreiche Fotografen und Reporter, die sich vor wichtigen Versammlungen und prominentbewohnten Hotels scharen, um die vermeintliche Nachricht des Tages als Erste zu ergattern.
Zwischen Werbern und Managern
Dass das öffentliche Bild der Journalisten nicht das Beste ist, beweist auch eine Studie der Gesellschaft für Konsumforschung aus dem Jahre 2009. Laut dieser Umfrage vertrauen die Deutschen Journalisten ebenso viel oder wenig wie Werbefachleuten oder Managern. Dabei stehen, im Gegensatz zu diesen Berufsgruppen, bei vielen Journalisten die Ideale der Wahrheitsvermittlung und der Aufklärung an oberster Stelle und nicht wie bei der Image-Konkurrenz die besten Verkaufszahlen zu ergattern. Sicherlich ein Anspruch, der auch manchmal an der wirtschaftlichen Realität scheitern muss.
Medienstudenten haben einen besseren Ruf als „Ausgelernte“
Prof. Dr. Klaus Meier, Professor für Journalistik an der Universität Eichstätt-Ingolstadt, stellt fest dass in der allgemeinen Öffentlichkeit hinsichtlich jedem Beruf gewisse Vorurteile herrschen würden: „Gegenüber Journalisten könnten dies schlampige und zu schnelle Recherche, sowie zu schnelle Fokussierung auf die Interpretation eines Themas sein“, führt Meier fort. Dennoch sei der Journalismus ein hoch geachtetes Gebiet, das viele Anfragen für Kooperationen bekommt. Vorurteile gegenüber den Studenten aus dieser Fachrichtung gäbe es Meiers Meinung nämlich keine.
Jeder prägt das Image des Berufs – auch die schwarzen Schafe
Ein passendes Bild zu erschaffen, das eindeutig auf alle freien und festen Journalisten, Redakteure und Reporter zutrifft, ist in der Realität unmöglich. Vorwiegend stechen jedoch zwei Gruppen heraus, meint Iris Firmenich, CDU-Fraktionsmitglied des sächsischen Landtags. Sie hat aus Berufsgründen viel mit Vertretern der Medien zu tun und beschreibt ihre Erfahrungen: „Ich kenne Journalisten, die einen sehr guten Job machen, objektiv informieren, sauber recherchieren und fair sind. Ich kenne auch die anderen, die ihre persönliche Meinung zum Maßstab machen, selbst Politik machen wollen und tendenziös berichten.“ Die Politikerin würde deshalb auch nicht die Frage stellen, welche Sichtweise sie selbst auf Journalisten habe, sondern welchen Eindruck diese durch ihr Handeln hinterlassen.
Subjektivität, um Objektivität zu erlangen – das Fallbeispiel Interview
So reflektiert Süddeutsche-Redakteur Bastian Brinkmann eines seiner letzten Interviews mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble zum Thema Steuerhinterziehung und kommt durchaus zu einem anderen Blick als die Politikerin Firmenich. Brinkmann wollte bewusst Reibungen erzeugen und stellte sich auf die andere Seite: „Mein Kollege und ich nahmen hierbei die Gegenposition ein, also dass man dieses Problem nur mit Druck lösen kann.“ Schäuble selbst setzte im Interview auf stille Diplomatie. „Wir wollten und mussten die Gegenposition einnehmen, um das Thema sachlich und wahr zu beschreiben.“ Dies sei schon aus dem Grund notwendig, da Politiker ihre Meinung nicht eins zu eins in die Medien transportieren können und vor allem oftmals auch nicht dürfen.
Fazit: Wie immer hilft nur die eigene journalistische Skepsis
Es muss daher als Journalist unterschieden werden, ob Interviews und Meinungen direkt übernommen werden können. Es ist Vorsicht geboten, denn der Grad, zwischen objektivem Journalismus und subjektiver Meinungsäußerung ist in der Praxis häufig sehr schmal. Deshalb ist es besonders wichtig, selbstkritisch an Themen heranzugehen und den eigenen Standpunkt zu hinterfragen, nur dann könnte es möglich sein, den Berufsidealen gerecht zu werden. Schade allerdings, in Puncto Selbstkritik bildet Deutschland laut einer Studie des Erich-Brost-Institut für internationalen Journalismus jedoch das Schlusslicht.
Text: Laura Berghold. Bild: David Mönch. Bearbeitung: Hanna Frantz.