Zeitung machen, um Geld zu verdienen

von | 7. Januar 2011

Mit der Zusammenlegung von zwei polnischen Zeitungstiteln und der Einstellung der russischen Lizenzausgabe der Newsweek scheint der deutsche Medienkonzern seine Expansion in den osteuropäischen Markt zu stoppen. Bei genauer Betrachtung handelt es sich um rein wirtschaftlich motivierte Entscheidungen. Expansion ist für den Konzern trotzdem die Zukunft.

Das Einstellen der Produktion der russischen Newsweek im Oktober 2010 scheint einen Trend zu bestätigen. Qualitätszeitungen mit guter journalistischer Recherche werden vom Markt genommen, weil sie sich für die Axel Springer AG nicht rechnen. Bereits 2009 wurde die polnische Qualitätstageszeitung Dziennik vom Springer Verlag eingestellt. Im Jahr 2006 noch mit einer verkauften Auflage von 261.000 begonnen, hatte sich diese auf zuletzt 90.000 Exemplare verringert. Immerhin wurde in einer Kooperation mit dem polnischen Verlagshaus Infor Biznes ein neues Tageszeitungsprojekt Dziennik Gazeta Prawna gestartet, eine Kombination aus Tages- und Wirtschaftszeitung. Doch eine tägliche unabhängige Tageszeitung in Form der früheren Dziennik ist das nicht.

Für die russische Newsweek gilt der harte Markt der Verdrängung. Zuletzt war die Tageszeitung nicht über eine Auflage von 50.000 Exemplaren hinausgekommen. Bei Produktionskosten von 2,9 Millionen Euro bedeutete das einen jährlichen Verlust von 360.000 Euro. Prinzipiell hätte Springer die Zeitung nicht einstellen müssen, denn Springers Kassen sind nach dem Verkauf einiger deutscher Tageszeitungstitel an die Hannoversche Verlagsgruppe Madsack auf keinen Fall leer.

Rückzug vom Tageszeitungsgeschäft in Minderheitsbeteiligung

Viel eher scheint die Einstellung unrentabler Tageszeitungen in Mittel- und Osteuropa, beziehungsweise der Rückzug aus dem Tageszeitungsgeschäft, eine generelle Tendenz im Springer Verlag zu sein. So ist auch der Verkauf zahlreicher Beteiligungen an deutschen regionalen Tageszeitungen im Februar 2009 für zirka 310 Millionen Euro an die Madsack-Verlagsgruppe verständlich. Darunter befanden sich namhafte Titel wie die Leipziger Volkszeitung (50 Prozent), die Kieler Nachrichten (24,5 Prozent), die Lübecker Nachrichten (49 Prozent) und auch die Beteiligung an der norddeutschen Verlagsholding Hanseatische Verlags-Beteiligungs AG (23 Prozent). Zudem übernahmen die Lübecker Nachrichten den Springer-Anteil an der Rostocker Ostseezeitung.

Etwas später, im März 2009, folgten noch die Verkäufe von kleineren Regionalblättern. Veräußert wurden die Beteiligung am Pinneberger Tageblatt und die Regionalzeitung Elmshorner Nachrichten, die gänzlich im Besitz Springers war. Beide Titel gingen an den Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag. Mit dem Geld wolle die Axel Springer AG vor allem die eigenen Zeitungstitel wieder stärken und seine Produkte im Onlinemarkt wettbewerbsfähiger und damit profitabler gestalten. Das sei die neue Strategie des Medienkonzerns, so Matthias Döpfner.

Springer nimmt neuen Anlauf zur Expansion in Osteuropa

Im März 2010 erfolgte die Bekanntgabe der neuen Kooperation von Axel Springer International mit dem größten Schweizer Verlagshaus, der Ringier AG, für den Markt in Osteuropa. Kräfte bündeln, nennen das die beiden Verlags-Kraftpakete, die nun in Polen, Tschechien, der Slowakei, Serbien und Ungarn gemeinsam agieren. In drei bis fünf Jahren wolle man einen börsenfähigen Konzern aufgebaut haben, so das Ziel des gleichberechtigten Joint-Venture mit Hauptsitz in Zürich.

Die russische Kartellbehörde genehmigte nahezu parallel den bereits im November 2009 bekannt gegebenen Verkauf von Gruner + Jahr Russland an Axel Springer Russia. Die Übernahme bringt Springer auf dem Zeitschriftenmarkt die Titel Geo, Geo Lenok, Geo Traveller und Gala Biografia, die in Lizenz weitergeführt werden. Dazu kommen noch mehrere Websites.

Betrachtet man die Gesamtaktivitäten des Axel Springer Verlags, ist also kaum ein Indiz für einen nachhaltigen Rückzug aus Osteuropa zu finden. Eine Neupositionierung und veränderte Strategie ist dagegen durchaus festzustellen. Da man nach wie vor gut aufgestellt ist, sowohl auf dem osteuropäischen wie auch auf dem russischen Markt, die Springer strategisch unterschiedlich erobern will. Einerseits allein mit Axel Springer Russia, andererseits in Kooperation auf dem Schweizer Verleger Ringier in den anderen osteuropäischen Ländern. Bleibt festzustellen, dass sich Springer den Luxus einer Qualitätstageszeitung wie der russischen Newsweek durchaus leisten könnte, aber offensichtlich nicht mehr leisten will. Nehmen sich doch die Verluste der Newsweek mit 360.000 Euro vergleichsweise gering aus, vor dem Hintergrund der dreistelligen Millionengewinne des Axel Springer Konzerns in den vergangenen Geschäftsjahren.

<h3>Holger Schuchardt</h3>

Holger Schuchardt