In unserem aktuellen Dossier blicken die Redakteure von medienMITTWEIDA auf die großen Kulte ihrer Kindheit zurück. „Wir sind in der richtigen Zeit aufgewachsen“, meint auch Tobias Nico Boccarius – ein Kommentar:
Ich hasse Arztbesuche. Nicht etwa, weil ich keine Ärzte mag, sondern weil die Zeit im Wartezimmer absolut verschenkte Lebenszeit ist. Ich erinnere mich noch gut an die Momente, in denen ich mich als kleiner Knirps mit anderen Kindern um die besten Spielzeuge gestritten habe. Das Wartezimmer war ein absoluter Horror für die Eltern, denn die spielenden Kinder machten jede Menge Lärm. Und mindestens einer heulte immer. Heute ist es ruhig im Wartezimmer geworden. Das Spielzeug steht unbenutzt da, stattdessen werden die Kinder anders beschäftigt. ,,Mama, bekomme ich dein Handy?”, ist einer der häufigeren Sätze. Statt Türme zu bauen, werden jetzt Monster getötet. Statt zu lesen oder sich vorlesen zu lassen, wird gezockt. Das soll also die Kindheit der Generation nach uns sein?
Es kommt mir manchmal so vor, als wären wir die letzte Generation, die als Kinder noch freiwillig draußen gespielt hat. Oder überhaupt Spielzeug genutzt hat. Heute sieht man auf den Spielplätzen eher die coolen Kids, die das, was sie als Musik bezeichnen, lautstark über Bluetooth-Boxen verbreiten und dabei heimlich eine rauchen. Spielzeug besitzen die Kinder zwar weiterhin, aber bereits jetzt geben achtjährige Jungs im Fußballverein mit ihrem neuen Smartphone an, was auch noch neuer ist als mein eigenes.
Wir sind in der richtigen Zeit aufgewachsen. So manche technologische Errungenschaft war da noch in Entwicklung – und wir sind Teil dieser Entwicklung geworden. Mein erstes Handy war zum Beispiel ein klassisches Tastenhandy, das erste iPhone kam schließlich erst 2007 auf den Markt. Und die Computerspiele waren auch noch anders, heute töten höchstens noch Nostalgiker das Moorhuhn oder zocken auf dem Gameboy. Wir konnten hautnah miterleben, wie die Smartphones immer besser wurden. In der siebten Klasse standen wir noch gemeinsam auf dem Schulhof, um Bilder oder Musik über Bluetooth zu verschicken. Heute haben die ersten Viertklässler ihre eigene WhatsApp-Gruppe.
Bei uns war das alles noch ein bisschen anders. Wir hatten kein WhatsApp und kein neuwertiges Smartphone. Bei uns war es schon cool, wenn man im Bus Musik auf seinem Walkman hören konnte. Und WhatsApp-Gruppen? Wir hatten höchstens ICQ. Statt so genannten Kindersendungen auf Super RTL hatten wir unsere eigenen Helden im Fernsehen. Und seien wir mal ehrlich: Sobald irgendwo die Gummibärenbande läuft, sind wir immer noch verdammt textsicher.
Einige Kulte unserer Kindheit scheinen inzwischen verloren gegangen zu sein. Weiß ein Schulkind heute etwa noch, was ein Tamagotchi ist? Oder tauscht auf dem Schulhof Diddl-Maus Blätter? Deshalb unternehmen wir eine kleine Zeitreise zurück zu den Kulten unserer Kindheit. Also schnappt euch ein Kratzeis oder einen Bubble Tea und taucht ein in eine Welt, von der heute kaum noch etwas übrig ist.
Text: Tobias Nico Boccarius, Illustration: Caroline Lindner