Aus dem Boden bricht eine Knospe und langsam erblüht daraus ein Löwenzahn. Dann wird der Blick gehoben und es ist zu sehen, wie Pflanzen entlang der ganzen Straße wachsen – auf Autos, Gehwegen und an Gebäuden. Kurz darauf ertönt eine Männerstimme und sagt: „Löwenzahn.“
So beginnt jede Folge der gleichnamigen Serie. Die Stimme und das Gesicht der Sendung war Peter Lustig. Wie funktioniert Wettervorhersage? Lassen sich Musikinstrumente aus Alltagsgegenständen bauen? Oder ernähren sich Fledermäuse wirklich von menschlichem Blut? Diesen und vielen weiteren Fragen ging Peter Lustig in seiner Sendung auf den Grund. Dabei erklärte er den Kindern stets spielerisch und mit viel Witz und Charme Themen aus Natur, Umwelt und Technik.
Alles begann mit der Pusteblume
Wenn man den Namen Peter Lustig hört, denkt man sofort an einen Mann mit wenig Haaren, Brille und Latzhose. Das erste Mal trat Lustig so 1979 vor die Kamera. Damals hieß die Sendung noch Pusteblume. Die Wissensserie für Kinder war beliebt und kam gut an, aber es gab Probleme mit der Produktionsfirma Fernsehen in Bayern (FIB), da diese andere Vorstellungen zum Aufbau der Sendung hatte als das ZDF. Daraufhin beendete das ZDF die Zusammenarbeit mit der FIB und die Serie wurde nach 20 Folgen abgesetzt. Doch das ZDF sah Potenzial in Peter Lustig und der Sendung: Also wurde eine neue Produktionsfirma aus Heidelberg angeheuert. Seit 1981 läuft die Wissenssendung unter dem Namen Löwenzahn im Fernsehen.
Die Blütezeit von Löwenzahn wirft Schatten
Der größte Hype um Löwenzahn und Peter Lustig war Ende der 90er Jahre und Anfang der 2000er. Mit einem Marktanteil von mehr als 40 Prozent bei den Kindersendungen ist Löwenzahn eine der erfolgreichsten seiner Zeit. Für die Sendung wurde Lustig gleich zweimal mit dem Grimmepreis ausgezeichnet. Trotz der Erfolgswelle der Sendung lief es für Peter Lustig privat nicht allzu gut: 1985 bekam er die Diagnose Lungenkrebs. Daraufhin wurde er operiert und sein rechter Lungenflügel entfernt. Das interessierte Lustig aber wenig und so drehte er, sofern es seine Kraft zuließ, weiter. „Ich habe den Krebs ignoriert. Natürlich hüpft man mit einer halben Lunge nicht mehr so rum wie vorher. Zum Glück hatte ich keine Schmerzen. Und einen Beruf, der Spaß macht“, sagte er in einem Interview mit der BILD. Auch von Seiten des ZDF gab es laut seiner Aussage niemals Bedenken oder Zweifel, noch wurde über einen Nachfolger nachgedacht.
Da die Jüngeren sehr begeistert von Lustig waren, kam 1987 mittendrin, ein Ableger von Löwenzahn, für eine ältere Zielgruppe. Bis 1996 moderierte Peter Lustig auch diese Sendung erfolgreich. Jedoch wurde ihm die Doppelbelastung auf Dauer zu viel und er gab die Moderation an seine Kollegin Anja Frank ab. Neben den wöchentlichen Fernsehauftritten konnte man sich Löwenzahn auch nach Hause holen. Sei es in Form von Computerspielen, Büchern, Hörspielen, Baukästen zum Experimentieren oder online – überall konnten die Lernabenteuer nachgespielt werden. 2002 folgte dann ein weitere Tiefschlag für Peter Lustig: Aufgrund eines Beitrags in der Stuttgarter Zeitung mit dem Titel „Die Leute denken, ich trage Birkenstock“ wurde Lustig kurze Zeit später von der BILD-Zeitung als Kinderhasser bezeichnet. Obwohl die Aussagen komplett aus dem Kontext gerissen wurden, übernahmen viele Medien diese ungeprüft und daraus entstand ein wahres Medienspektakel. Auch wenn er das Gerücht Zeit seines Lebens nicht los wird, bei den Kindern war Peter Lustig weiterhin beliebt.
Schluss mit Lustig
„Abschalten!“ So beendete Peter Lustig 25 Jahre lang jede Löwenzahn-Folge. 2005 schaltet Lustig dann selbst ab und zieht sich aus dem Fernsehgeschäft zurück. Aufgrund seines gesundheitlichen Zustands ist es ihm nicht mehr länger möglich, die Sendung zu drehen. Für die Fans bricht eine Welt zusammen. Doch es ist nicht das Ende. Seit 2006 führt Guido Hammesfahr als Fritz Fuchs zusammen mit seinem Hund, genannt Keks, durch die Serie. Die Angst, dass eine Neubesetzung floppt, war groß. Doch die Kinder lieben Fritz Fuchs und vor allem Keks. Deshalb bekam der Hund auch seine eigene Sendung Löwenzähnchen. Hier erkundet er den eigenen Garten und seine Umwelt und lernt verschiedene Tiere kennen.
2007 kam Peter Lustig für einen Gastauftritt noch einmal zurück zu Löwenzahn. Im selben Jahr erhielt Lustig das Bundesverdienstkreuz am Bande, in der Kategorie „Bildung für alle“, für seine langjährige Arbeit bei der Sendung. Danach endete seine Reise mit Löwenzahn endgültig. Von da an widmete er sich vor allem der Vertonung von Filmen und Aufnahmen von Hörbüchern. Für die Aktion „Selbsthilfe Lungenkrebs“ stand er nochmals vor der Kamera. In kurzen Filmen wurde hier über seine Erkrankung und Behandlung berichtet. Um auf die Aktion aufmerksam zu machen, war er dann auch oft in Talkshows und TV-Magazinen zu sehen. Seinen letzten öffentlichen TV-Auftritt hatte Peter Lustig 2011 bei „Wortwechsel – Wie geht es eigentlich…?“ im SWR. Deutlich sind die Spuren des Kampfes gegen den Lungenkrebs zu sehen. Seinen Humor und sein Lächeln hat Peter Lustig dennoch nicht verloren: „Man hat mir damals noch fünf Jahre gegeben. Das war Anfang der Achtziger, ja, die habe ich gut überlebt“, sagt der damals 73-jährige, mit einem verschmitzten Lachen. Fünf Jahre später, am 23. Februar 2016, stirbt Peter Lustig im Alter von 78 Jahren.
Alles beim Alten
Trotzdem hält der Hype um Löwenzahn weiter an. Auch ohne Lustig als Erklärer der Welt erfreuen sich noch heute Kinder an Geschichten aus dem blauen Bauwagen im erfundenen Bärstadt, nur das Gesicht dahinter hat sich geändert. Laut dem Tagesspiegel hält Löwenzahn seinen Marktanteil bei den Zuschauern zwischen drei und 13 Jahren. Durchschnittlich 80 000 Kinder würden die Sendung schauen. Nur eines hätte sich geändert: Es schauen nun mehr Mädchen zu, was auch an Guido Hammesfahr liegen könnte.
Hammesfahr hat in einem Interview mit deutschlandfunkkultur.de gesagt, er könne sich vorstellen, die Rolle sein Leben lang zu spielen. Er müsse nur schauen, dass er dem Image von Fritz Fuchs „seinem jugendlichen Charme“ auch mit 60 Jahren noch entspräche. Doch Peter Lustig konnte auch ohne jugendliches Aussehen Menschen in seinen Bann ziehen und war ein Vorbild für viele Kinder. Sein Vorbild, wie er weiter bei Wortwechsel erzählt, war Pu der Bär. Dieser solle von sich selbst behaupten, ein Bär von einfachem Verstand zu sein. Genauso sieht sich Lustig auch: „Das möchte ich von mir auch jederzeit behaupten können: Ich bin ein Bär von einfachem Verstand. Der also ganz naiv durchs Leben tapert. Der zwar alles sieht und neugierig ist, aber der sich nie aufspielen würde wie: Ich bin der Größte!“ Doch für viele Kinder und Jugendliche war Peter Lustig genau das – der Größte, eben ein wahrer Held unserer Kindheit.
Text: Maren Frömming, Titelbild: Pixabay/ SimKlipp99, Pixabay Lizenz