AnnenMayKantereit: Alles nix Konkretes

AnnenMayKantereit: Alles nix Konkretes

von | 2. Juni 2019

AnnenMayKantereit, die Band von der Straße. Wie haben die Jungs, die den Sprung von der Straßenmusik zu ausverkauften Konzerte geschafft?

„Du kannst noch gar nicht wissen, was du willst”

AnnenMayKantereit: Alles nix Konkretes

von | 2. Juni 2019

Was auf der Straße angefangen hat, füllt heute ganze Stadien. Foto: Martin Lamberty (Pressematerial)

Sie werden oft  als Sprachrohr der Jugend bezeichnet, inklusive Jugendsünden – AnnenMayKantereit. Im Kern sind das sind Gitarrist Christopher Annen, Sänger Henning May und Schlagzeuger Severin Kantereit. Und seit 2014 auch Malte Huck am Bass. Doch diese vier Jungs wollen sich nicht in eine Schublade stecken lassen: „Das wird einem von außen aufgedrückt, dass man eine Stimme für irgendeine Generation ist und dem gerecht werden soll. Wir machen halt unsere Musik und sehen uns auch nicht stellvertretend für irgendeine Generation“, sagt Severin Kantereit in einem Interview mit dem BR.

Kein Etikett

Doch der Band wird ein Label nach dem anderen aufgedrückt. Das passt AnnenMayKantereit nicht: „Ist nicht unser Merkmal, dass wir Freunde sind und deutsche Mucke machen und das auch ernst meinen? Und keine sexistische Scheiße schreiben, wie die meisten Rapper und Nummer Einsen“, fragt Henning May im Interview mit dem NDR. Denn AnnenMayKantereit lassen sich nicht in eine Schublade stecken und das ist auch gut so. Obwohl sie sich in großen Teilen von der Straßenmusik verabschiedet haben, konnten sie sich ihre Ungezwungenheit auf ihrem ersten Album doch bewahren. Denn das 2016 erschienene Debütalbum Alles nix Konkretes hat im Kern, trotz großer Produktionsfirma, den AnnenMayKantereit-Fingerabdruck.

Portrait AnnenMayKantereit

AnnenMayKantereit, das sind Gitarrist Christopher Annen, Sänger und Pianist Henning May und Schlagzeuger Severin Kantereit. Und seit 2014 auch Malte Huck am Bass. Die ursprüngliche Besetzung von AnnenMayKantereit hat ihren musikalischen Ursprung in den Straßen von Köln. 2011 haben sie dort ihre ersten Erfolge gefeiert. Durch Plattformen wie YouTube und Spotify haben sie erste Erfolge gefeiert. 2013 entsteht das erste Album AMK in Eigenregie: Eine Sammlung der Songs, die auf YouTube bereits veröffentlicht wurden. 2016 veröffentlichen sie dann ihr zweites Album Alles nix Konkretes. Doch eine Pause war nicht in Sicht, denn  2018 ist nach Alles nix Konkretes ihr drittes Album Schlagschatten erschienen.

Songs ohne Kern

Der Kern der Musik von AnnenMayKantereit ist die Stimme von Henning May. Er könnte auch über Klopapier singen und man würde ihm gebannt zuhören. Deshalb kann man ihm auch verzeihen, wenn er „gemeinsam“ auf „einsam“ reimt oder die Lieder nicht die politischen Botschaften enthalten, die manche sich von ihnen wünschen. Und trotzdem kommt man sich manchmal vor wie bei der Kinderserie „Dora the Explorer“, wenn May Liedzeilen hundertmal wiederholt, ohne eine Botschaft zu vermitteln. AnnenMayKantereit, wir haben es verstanden und zwar schon beim ersten Mal. Insofern sind die Vorwürfe von Daniel Gerhard von Der Zeit berechtigt, wenn er sagt: „AnnenMayKantereit singen über Veränderung, ohne etwas verändern zu wollen – und landen damit einen zeitgeistlichen Glückstreffer. Sie bezeugen, dass es überhaupt kein Problem ist, wenn man nichts zu sagen hat, solange man es ernst meint.“

Tracklist: Alles nix Konkretes


Cover: Universal Label (Pressematerial)

  1. Oft gefragt
  2. Pocahontas
  3. Es geht mir gut
  4. 3. Stock
  5. Wohin du gehst
  6. Mir wär‘ lieber, du weinst
  7. Bitte bleib
  8. Neues Zimmer
  9. Barfuß am Klavier
  10. 21, 22, 23
  11. Länger bleiben
  12. Das Krokodil

AnnenMayKantereit in Aktion. Foto: Martin Lamberty (Pressematerial)

Alles nix Konkretes?

Doch vielleicht ist es genau das was Alles nix Konkretes ausmacht: Die jugendliche Leichtigkeit in den Texten. Sie handeln nicht vom Kopfschütteln über den Hunger in der Welt oder von politischen Parolen, aber das ist doch okay. Wie AnnenMayKantereit selbst sagen: Sie wollen kein Sprachrohr einer Generation sein, kein politisches Instrument. Sie machen einfach nur ihre Musik. Wenn man sich von diesem Anspruch löst, ist Alles nix Konkretes ein Album für die lauen Sommernächte genauso wie für die verregneten Herbsttage. Songs wie 21, 22, 23 spiegeln genau die Phase wieder, in der sich die Band und ihre Fans befinden und deswegen kauft man es ihnen auch ab, wenn sie singen:

„Und wenn ich dich dann frage, was du werden willst,
sagst du immer nur:
‚Ich weiß nicht. Hauptsache nicht Mitte 30.
Hauptsache nicht Mitte 30‘.“

21, 22, 23 (2016)
AnnenMayKantereit

oder:

„Du hörst dir tausend Geschichten an,
was ich alles machen werde, wie und wo und wann.
Und dieses und jenes,
aber alles nichts Konkretes.“

Alles nix Konkretes (2016)
AnnenMayKantereit

Denn AnnenMayKantereit macht deutschen Pop-Rock über die Liebe und das Leben. Und all das aus einer unverbrauchten und – im besten Sinne – unreifen Perspektive. Es sind Lieder über das Erwachsenwerden, ohne dabei erwachsen werden zu wollen. Barfuß am Klavier oder 21, 22, 23 sind nicht geschrieben, um aufzurütteln und anzuprangern. Es sind musikalische Momentaufnahme aus dem Leben junger Erwachsenen. Die Prise Melancholie, die in den meisten Liedern mitschwingt, erhöht natürlich den Drama Faktor. Aber wenn man mal wieder einen schlechten Tag hatte, ist Barfuß am Klavier genau das Richtige, um im Selbstmitleid zu baden. Mit 51 Millionen Klicks auf YouTube kann man das Lied schon fast als Kulthit bezeichnen und das auch zu Recht: Die Stimme von Henning May trägt den Song über die Straßen der Stadt direkt ins Ohr. Die Geräusche der Stadt, eine einfache Klavierbegleitung und eine gute Portion Melancholie – mehr braucht der Song nicht.  

Ein Mann, ein Klavier und eine gute Portion Melancholie.Video: YouTube/AnnenMayKantereit 

 

Text: Julia Scholl, Fotos: Martin Lamberty, Albumcover: Universal Label (Pressematerial)

<h3>Julia Scholl</h3>

Julia Scholl

ist 22 Jahre alt und studiert im 5.Semester Medienmanagement an der Hochschule Mittweida. Sie arbeitetet als Redakteurin bei medienMITTWEIDA. Parallel zum Studium absolviert sie ein Volontariat und arbeitet beim Social-Media-Nachrichtenportal Light up News.